Die finanziellen Fragen der Scheidung gehören wohl zu den umstrittensten und schwierigsten des gesamten Prozesses. Gibt es keinen Ehevertrag, so kann sich der Vorgang sehr lange hinziehen, bis alle Güter, Vermögen und persönlichen Gegenstände aufgeteilt sind. Doch einige spezielle Bereiche benötigen besondere Betrachtungen und Gutachter. Erbschaften gehören dazu. Wer in einer Ehe erbt, muss dieses Erbe nicht zwangsläufig an den Partner abgeben oder teilen. Je nach Vorgang kommen dabei verschiedene Regeln zum Einsatz. Unnötige Streitigkeiten lassen sich vermeiden, wenn jede Partei um ihre Rechte weiß und einen Anspruch geltend machen kann oder von weiteren Forderungen absieht.

Der größte Teil der steuerpflichtigen Erwerbe durch Erbschaften und Schenkungen lag 2012 mit 16,8 Milliarden Euro beim Erwerb von Todes wegen und 10,7 Milliarden Euro bei Schenkungen. Abzüglich der Nachlassverbindlichkeiten kamen 25,3 Milliarden Reinnachlass in Deutschland zusammen. Die Erbschaftsteuer ist dabei ein wichtiger Punkt, die je nach Steuerklasse die Höhe der Steuersätze und Freibeträge regelt.

Was fällt alles unter die Erbschaft?

Zu einer Erbschaft gehört das gesamte Vermögen des Verstorbenen wie:

  • Bargeld
  • Aktien
  • Bankguthaben

aber auch Gegenstände wie:

  • Immobilien
  • Grundstücke
  • Autos
  • Möbel
  • Firmenanteile
  • Unternehmen

 

Deshalb ist es wichtig, dass der Erbe die genaue Auflistung aller ihm zustehenden Vermögenswerte erhält und dementsprechend ein finanzieller Überblick vorliegt. Zu den Vermögenswerten können jedoch auch Verbindlichkeiten und Schulden zählen, die das gesamte Vermögen sehr reduzieren können oder für die der Erbe mit seinem Privatvermögen haften muss. Zum einen geht es dabei um die Erblasserschulden, die zu Lebzeiten des Verstorbenen entstanden sind. Zum anderen sind Erbfallschulden fällig, die sich durch den Tod des Erblassers ergeben, wie Beerdigungskosten, Nachlassverwaltung oder Erbschaftssteuer.

Immobilie als Erbschaft

Erbschaft Immobilie

Dabei ist es nicht möglich nur einen Teil des Erbes anzunehmen und die Schulden oder belasteten Güter nicht. Innerhalb von sechs Wochen kann der Erbe die Erbschaft ausschlagen, danach gilt sie als angenommen. Weitere Informationen zum Ablauf und zur Definition der Erbschaft erläutert ERGO Direkt im entsprechenden Ratgeber.

Zugewinnausgleich

Im Falle einer Erbschaft und einer folgenden Scheidung meinen viele, dass sie über den Zugewinnausgleich das während der Ehe neu dazu gekommene Vermögen geteilt erhalten können. Der Zugewinnausgleich tritt in Kraft, wenn kein Ehevertrag mit Gütertrennung vorliegt. Er bezieht sich auf das zusätzliche Vermögen, das im Laufe der Ehezeit hinzugekommen ist. Darunter fallen Immobilien und Geldvermögen. Es geht um das gesamte Vermögen und beide Parteien müssen je nach Stand der Dinge dem anderen ihren Gewinn anteilig abgeben. Wenn beide Partner einen Zugewinn erhalten haben, müssen sie diesen gegenrechnen, um den genauen Wert herauszufinden. Unter die Vermögenswerte fallen beispielsweise auch Lottogewinne oder zusätzliche Einnahmen.
Entscheidend ist der Vermögensstand zu Beginn und zum Ende der Ehe, denn Leistungen, die während der Ehezeit angefallen sind, fallen nicht unter die Betrachtung.

Wichtig für Personen, die sich in Scheidung befinden, ist es, den Zugewinnausgleich selbstständig zu regeln, denn das Familiengericht kümmert sich erst darum, wenn ein entsprechender Antrag vorliegt. Können sich beide Parteien nicht einigen und kommt der Zugewinnausgleich zusätzlich in das Scheidungsverfahren, liegen die gesamten Kosten meist deutlich höher. Weitere Informationen zu Ausnahmen und genauen Regelungen gibt es auf dieser Seite .

Im Falle einer Erbschaft trifft der Zugewinnausgleich allerdings nicht direkt ein. Schenkungen und Erbschaften fallen unter den privilegierten Erwerb und gehören in erster Linie dem Erben oder Beschenkten. Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch rechnet sich die Erbschaft oder Schenkung dem Anfangsvermögen hinzu:

„Vermögen, das ein Ehegatte nach Eintritt des Güterstands von Todes wegen oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht, durch Schenkung oder als Ausstattung erwirbt, wird nach Abzug der Verbindlichkeiten dem Anfangsvermögen hinzugerechnet, soweit es nicht den Umständen nach zu den Einkünften zu rechnen ist.“

http://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__1374.html

Das bedeutet also, dass das Anfangsvermögen, inklusive der Erbschaft vom Endvermögen abzuziehen ist. Dabei handelt es sich aber um den Wert, der bei Eintritt des Erbfalles bestanden hat. Dafür wird der Wert aufgrund des Wertverlusts durch Inflation um den Kaufkraftschwund seit Erwerb bereinigt. Dies bedeutet, dass der Wert des Erbgutes bei einer Wertsteigerung einen Zugewinn für den Erben darstellt, der im Falle einer Scheidung auszugleichen ist. Und zwar über den Zugewinnausgleich. Beispiele können angelegte Vermögensgüter sein, ein Grundstück, das sich als gewinnbringendes Bauland herausstellt oder weitere angestiegene Vermögenswerte.
Wichtig ist, dass die Anfangs- und Endwerte klar berechnet sind. Damit der Zugewinn von beiden Seiten gut zu berechnen ist, müssen Eheleute sich über ihr Vermögen Auskunft erteilen und zwar am Hochzeitstag, dem Tag der Scheidungsantragsschrift-Zustellung und am Tag der Trennung. So kommt es nicht zu weiteren Auseinandersetzungen, sollten weitere Vermögensgüter bestehen.

 

Spielt die Erbfolge eine Rolle?

Erbfolge

gesetzliche Erbfolge

Die gesetzliche Erbfolge tritt in Kraft, wenn kein Testament des Verstorbenen besteht. Sie regelt die Erbschaft nach einer klaren Ordnung. Verwandte erster Ordnung sind Kinder, danach deren Kinder. Verwandte zweiter Ordnung sind Eltern des Verstorbenen, danach deren Kinder, das bedeutet die Geschwister oder Halbgeschwister des Erblassers. Die Ehepartner haben ebenfalls ein gesetzliches Erbrecht, das sich nach Güterstand des Ehepaares und den Verwandten berechnet. So stehen dem Ehepartner je nach weiteren Erben ein Viertel, ein Drittel oder die Hälfte zu. Gibt es keine Verwandten, die einen Anspruch erheben könnten, fällt das Erbe dem Witwer oder der Witwe allein zu.

 

Doch im Falle eines Scheidungsverfahrens müssen die genauen Bedingungen betrachtet werden, denn in einigen Fällen kommt es zum Verfall des Erbrechtes. Bei einer Scheidung erlischt im Prinzip das gesetzliche Erbrecht des Ehegatten und das gemeinsame Testament ist nicht mehr wirksam. Stirbt ein Partner während des Scheidungsverfahrens und hat der Verstorbene die Scheidung eingereicht oder dem Antrag des Partners zugestimmt, erlischt der Erbanspruch der überlebenden Person ebenfalls. Sollte jedoch der verbleibende Partner die Scheidung eingereicht und der Verstorbene der Scheidung noch nicht zugestimmt haben, bleibt das volle Erbrecht bestehen, als hätte die Ehe weiter Bestand gehabt.
Ein weiterer Fall tritt ein, wenn ein Partner nach der Scheidung stirbt und gemeinsame Kinder das Erbe erhalten. Stirbt eines der Kinder, fällt ein Teil des geerbten Vermögens auf den geschiedenen Ex-Partner zurück. Gibt es beispielsweise eine vereinbarte Gütertrennung, so kann kein Ausgleich auf Zugewinn des überlebenden Partners erfolgen oder der üblichen Erhöhung des Erbteils um ein Viertel. Weitere Informationen zu Fragen bei gemeinsamen Finanzen gibt es in folgender Übersicht .

Bei Erbschaften sollten sich Ehepartner immer ausführlich beraten lassen, besonders wenn es sich um mehrere Erben und komplexere Beziehungen der Familienmitglieder handelt. Eine Rechtsberatung hilft, Unklarheiten bei den vielen Sonderfällen aus dem Weg zu räumen und jedem Ehegatten zu seinem Recht zu verhelfen.

 

 

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