Bitte Video anschauen: Das Sorgerecht des unehelichen Vaters

Wer hat das Sorgerecht für ein uneheliches Kind?

Grundsatz: Alleiniges Sorgerecht der Mutter

Sind die Eltern nicht miteinander verheiratet, so steht das Sorgerecht nach dem Gesetz grundsätzlich allein der Mutter zu, § 1626a Absatz 3 BGB. In dieser Regelung sehen die Gerichte keine verfassungswidrige Benachteiligung der Väter.

Achtung: Besondere Probleme bestehen, wenn die Mutter zum Zeitpunkt der Geburt noch mit einem anderen Mann verheiratet ist. Denn dann gilt erst einmal der Ehemann als Vater des Kindes.

Gemeinsame Sorgeerklärung:

Allerdings können die Eltern gemeinsam erklären, dass sie ein gemeinsames Sorgerecht haben wollen. Diese Sorgeerklärung müssen beide Eltern selbst abgeben, und zwar entweder vor einem Notar oder beim Jugendamt. Sie kann auch schon vor der Geburt des Kindes erfolgen. Wohnen die Eltern weit auseinander an verschiedenen Orten, können die Sorgerechtserklärungen auch getrennt abgegeben werden.

Hier gibt es ein Infoblatt zur gemeinsamen Sorgeerklärung:

Infoblatt sorgeerklärungBitte klicken:

Nachträgliche Heirat der Eltern:

Falls die Kindeseltern nach der Geburt des Kindes einander heiraten, so entsteht dadurch automatisch die gemeinsame Sorge.

Entscheidung durch das Familiengericht:

Was aber, wenn die Kindeseltern einander nicht heiraten und die Mutter auch nicht zu einer Sorgeerklärung bereit ist? In einem solchen Fall kann der Vater beim Familiengericht beantragen, die elterliche Sorge beiden Eltern gemeinsam zu übertragen. Voraussetzung für die anteilige Übertragung der elterlichen Sorge auf den Kindesvater ist aber, dass die gemeinsame Sorge nicht dem Kindeswohl widerspricht.

Es gilt folgendes Regel-Ausnahme-Verhältnis: Es wird zunächst einmal grundsätzlich vermutet, dass die Übertragung des gemeinsamen Sorgerechts dem Kindeswohl dient. Deshalb ist auf Antrag grundsätzlich das gemeinsame Sorgerecht auf beide Eltern zu übertragen, falls nicht ein Ausnahmefall vorliegt (OLG Nürnberg FamRZ 2014,571; OLG Koblenz NZFam 2015,90). Der Antrag auf gemeinsames Sorgerecht kann (nur) abgewiesen werden, wenn mit erheblicher Gewissheit festgestellt wird, dass die gemeinsame Sorge dem Kindeswohl widersprechen würde.

Gründe gegen ein gemeinsames Sorgerecht können sein:

(1) Mangelnde Kooperationsfähigkeit oder mangelnder Kooperationswille der Eltern.
Wie in allen Fällen, in denen es um die Frage der elterlichen Sorge geht, ist in besonderem Maße darauf zu achten, wie die Eltern miteinander umgehen und kooperieren: Ihre Kommunikation ist von zentraler Bedeutung. Schwerwiegende und nachhaltige Störungen auf der Kommunikationsebene verhindern, dass die Eltern gemeinsam Entscheidungen treffen. Sie führen zu Belastungen beim Kind und sind deshalb ein wesentliches Kriterium, das auch nach der Gesetzesreform gegen die gemeinsame elterliche Sorge spricht (OLG Brandenburg, Beschl. v. 19.09.2013 – 9 UF 96/11)
In der zugrundeliegenden Entscheidung war eine solche kommunikative Störung eindeutig gegeben, weshalb der Antrag des Vaters erfolglos war. Die Beteiligten hatten drei gemeinsame minderjährige Kinder, derentwegen sie innerhalb von fünf Jahren 15 gerichtliche Verfahren geführt hatten. Die wechselseitigen Vorwürfe und Schuldzuweisungen waren enorm, die Belastungen für die Kinder greifbar.

Allein die Ablehnung der gemeinsamen Sorge durch die Mutter reicht als Grund für eine Abweisung aber nicht aus (OLG Frankfurt NZFam 2014,807).

(2) Erheblicher Streit zwischen den Eltern.
Bei erheblichen Streitigkeiten zwischen den Eltern kommt es in aller Regel nicht darauf an, wer an diesem Streit “Schuld hat” oder welcher Elternteil im Recht ist. Entscheidend ist allein die Tatsache, dass infolge des Streits keine Kooperation der Eltern zum Wohle des Kindes möglich ist (OLG Frankfurt NZFam 2014,807).

TIP: In einem Verfahren um das Sorgerecht macht es deshalb regelmäßig keinen Sinn, dem betreuenden Elternteil irgendein grobes Fehlverhalten vorzuwerfen. Denn dadurch erweckt man beim Gericht nur den Eindruck, dass die Eltern heillos zerstritten sind und ein gemeinsames Sorgerecht deshalb nicht möglich ist.

Das Amtsgericht Gießen hat entschieden: Ist zu erwarten, dass der Kindesvater nach Übertragung des gemeinsamen Sorgerechts seine vermeintlichen Rechte noch respektloser als bisher gegenüber der Kindesmutter und ohne Rücksicht auf die Belange des Kindes einfordern wird, widerspricht die gemeinsame Sorge dem Kindeswohl (NZFam 2014,285).

(3) Fehlende Bindung des Vaters an das Kind.
Für das Fehlen einer wirklichen Bindung an das Kind kann es z.B. sprechen, wenn der Vater seine Umgangstermine über einen längeren Zeitraum nicht wahrnimmt (OLG Koblenz NZFam 2015,90).
Ebenfalls kann es gegen den Vater sprechen, wenn dieser zunächst wider besseres Wissen seine Vaterschaft bestritten hat und erst ein gerichtliches Vaterschaftsfeststellungsverfahren durchgeführt werden musste.
Der bloße Versuch eines Vaters, sein Einkommen herunterzurechnen, um möglichst wenig Kindesunterhalt zahlen zu können, steht aber dem gemeinsamen Sorgerecht nicht entgegen.

(4) Gegen das gemeinsame Sorgerecht kann auch sprechen, dass sich der Vater Eigenmächtigkeiten gegenüber dem Kind herausgenommen hat. Denn dies beweist in der Regel, dass zwischen den Eltern kein Vertrauensverhältnis besteht. Das Amtsgericht Halle z.B. hat den Antrag eines Vaters auf gemeinsames Sorgerecht abgewiesen, nachdem dieser das Kind heimlich und gegen den ausdrücklichen Willen der Mutter hatte taufen lassen (FamRB 2014,320).

Hinweis: Die gesetzliche Neuregelung ist für die nichtehelichen Väter also kein Freibrief. Väter können nach der Reform zwar deutlich leichter an der elterlichen Sorge teilhaben. Ein Mindestmaß an Kommunikation zwischen den Eltern, die für gemeinsame Entscheidungen zugunsten des Kindes nötig ist, muss aber gewährleistet sein.

Können sich die Eltern beim gemeinsamen Sorgerecht in einer für das Kind wichtigen Angelegenheit nicht einigen, so entscheidet auf Antrag das Familiengericht.

Bei veränderten Umständen kann jeder Elternteil später beim Familiengericht beantragen, dass ihm das alleinige Sorgerecht übertragen wird, wenn dies dem Wohl des Kindes am besten entspricht.