In Härtefällen kann das Gericht entscheiden, dass kein Versorgungsausgleich stattfindet.

Ein Versorgungsausgleich findet ausnahmsweise nicht statt, soweit er “grob unbillig” wäre. Dies ist dann der Fall, wenn die gesamten Umstände des Einzelfalls es rechtfertigen, vom gesetzlichen Modell des Versorgungsausgleichs ausnahmsweise abzusehen, weil der Versorgungsausgleich grob ungerecht wäre (vgl. § 27 VersAusglG).

In solchen Fällen kann der Versorgungsausgleich beschränkt werden oder auch ganz wegfallen.

  1. Ein häufiger Anwendungsfall ist der Fall einer sehr langen Trennung vor Einreichung des Scheidungsantrags.
    Nicht selten leben die Eheleute 10 Jahre oder mehr getrennt, bevor sich einer der Eheleute entschließt, die Scheidung einzureichen. Grundsätzlich wäre der Versorgungsausgleich auch in einem solchen Fall bis zur Einreichung der Scheidung zu berechnen. Bei sehr langen Trennungszeiten kann es aber geboten sein, den Versorgungsausgleich auf die Zeit des Zusammenlebens zu beschränken. Allerdings ist dies nicht automatisch der Fall. Vielmehr muss immer berücksichtigt werden, welche Altersversorgungen beide Eheleute haben, warum die Trennungszeit so lange dauerte, und andere individuelle Umstände mehr.
  2. Ein Versorgungsausgleich kann ausgeschlossen sein, wenn derjenige Ehegatte, der durch den Versorgungsausgleich per Saldo begünstigt wurde, während des Zusammenlebens seine Unterhaltspflicht grob verletzt hat.
  3. Ein “Fehlverhalten” eines Ehegatten kann eine Beschränkung des Versorgungsausgleichs ausnahmsweise rechtfertigen, wenn das Fehlverhalten besonders krass war und die Durchführung des gesetzlichen Versorgungsausgleichs deshalb unerträglich erscheint. In der Regel muss es sich außerdem um ein Fehlverhalten vor der Trennung der Eheleute handeln (BGH FamRZ 2014,205). Solche Fälle sind aber eher selten. Hauptanwendungsfälle sind sehr schwerwiegende Straftaten des ausgleichsberechtigten Ehegatten gegen den anderen Ehegatten oder das Unterschieben eines Kindes. Hat die Ehefrau bei einem in der Ehezeit geborenen außerehelichen Kind den Ehemann in dem falschen Glauben gelassen, er sei der Vater des Kindes, kann der Versorgungsausgleich wegen grober Unbilligkeit nach § 27 VerAusglG versagt werden (OLG Köln 4 UF 226/12 v. 15.02.2013).
  4. Dagegen bedeutet es keinen Härtefall, wenn ein Ehegatte infolge des Versorgungsausgleichs sozialhilfebedürftig wird. Eine Ausnahme kann allenfalls dann gegeben sein, wenn der ausgleichsberechtigte Ehegatte bereits über eine gute Altersversorgung verfügt und deshalb auf den Ausgleich nicht angewiesen ist (BGH FamRZ 2013,1200). Auch der Umstand, dass bei einem Ehegatten die Erwerbsunfähigkeitsrente infolge des Versorgungsausgleichs gekürzt wird, kann nur ausnahmsweise ein Härtegrund sein (BGH XII ZB 428/12).
  5. War der ausgleichsberechtigte Ehegatte während der Ehe trotz Erwerbsfähigkeit und trotz wiederholter Aufforderungen nicht sozialversicherungspflichtig erwerbstätig und hat er deshalb keine oder nur geringe Rentenanwartschaften, so kann dies zu einem Ausschluss oder zu einer Beschränkung des Versorgungsausgleichs wegen grober Unbilligkeit führen. Allerdings müssen die Aufforderungen nachweisbar sein, und der ausgleichspflichtige Ehegatte darf die “Faulheit” des anderen Ehegatten auch nicht jahrelang letztlich ohne Konsequenzen hingenommen haben.
  6. Eine unbillige Härte kann vorliegen, wenn der ausgleichsberechtigte Ehegatte während der Ehe nur geringe eigene Renten erworben hat, dafür aber Vermögen gebildet hat, welches nicht ausgeglichen wird, weil die Eheleute Gütertrennung vereinbart haben (OLG Köln FamRZ 2012,1881).
    Beispiel: Die Ehefrau war während der Ehe sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Der Ehemann war Selbständiger ohne eigene Rentenversicherung. Er hat während der Ehe Vermögen gebildet in Form einer vermieteten Immobilie. Die Eheleute haben Gütertrennung vereinbart, so dass das Vermögen nicht ausgeglichen wird. Hier wäre es grob unbillig, wenn die Ehefrau im Versorgungsausgleich etwas von ihrer Rente an ihren Mann abgeben müsste.