Darf ein volljähriges unterhaltsberechtigtes Kind zu Hause ausziehen und den vollen Unterhalt verlangen, oder muss es das Angebot der Eltern auf Kost und Logis im Elternhaus annehmen?

Bei volljährigen Kindern, die noch in der Ausbildung sind (z.B. Studenten), entsteht oft folgender Konflikt: Das Kind möchte zu Hause ausziehen, einen eigenen Hausstand gründen und den vollen Unterhalt für Kinder mit eigenem Hausstand von 860,- Euro verlangen. Die Eltern (oder einer der geschiedenen Elternteile) bietet dem Kind dagegen an, im Elternhaus zu wohnen, wo Kost und Logis übernommen werden. Das Kind hätte dann nur Anspruch auf ein zusätzliches Taschengeld.

Wie ist dieser Konflikt zu lösen?

Das Gesetz bestimmt in § 1612 Absatz 2 BGB, dass Eltern grundsätzlich das Recht haben, die Art und Weise der Unterhaltsgewährung zu bestimmen. Deshalb können Eltern grundsätzlich festlegen, dass der Unterhalt im Elternhaus in Form von Kost und Logis gewährt wird. Allerdings müssen die Eltern bei der Ausübung dieses Bestimmungsrechts auf die Belange des Kindes Rücksicht nehmen. Umgekehrt muss das Kind aber auch auf die finanzielle Situation der Eltern Rücksicht nehmen.

Unproblematisch sind die Fälle, in denen der Ausbildungsplatz weit vom Elternhaus entfernt liegt. Hier geht das Recht des Kindes auf eine selbst gewählte Ausbildung dem Bestimmungsrecht der Eltern vor. Die Eltern können z.B. nicht verhindern, dass das Kind einen Studienplatz in einer entfernten Stadt annimmt und sich dort eine eigene Wohnung nimmt, wenn dieses Studium am Wohnort der Eltern nicht möglich ist.

In allen anderen Fällen kommt es darauf an, ob dem Kind ein Verbleib im Elternhaus möglich und zumutbar ist. Zunächst einmal muss im Elternhaus überhaupt genügend Platz für das Kind vorhanden sein. Außerdem darf das Zusammenleben nicht deshalb unzumutbar sein, weil es andauernd besonders schwere Konflikte zwischen dem Kind und den Eltern bzw. dem Elternteil gibt. Es muss sich aber immer um erhebliche Schwierigkeiten des Zusammenlebens handeln – egal, wer diese Spannungen verursacht. Alltagskonflikte reichen ebenso wenig aus wie gelegentliche emotionale Ausbrüche (OLG Brandenburg Beschluss vom 18.10.2007 – 9 WF 288/07). Nur bei einer tief greifenden Zerrüttung der Beziehung oder bei völlig unangemessenen Erziehungsmaßahmen der Eltern (z.B. wenn diese die die volljährige Tochter bestrafen, wenn sie abends um 22:00 Uhr noch nicht zu Hause ist) darf das Kind gegen den Willen der Eltern ausziehen und bekommt trotzdem den vollen Unterhalt.