Sind Zahlungsforderungen der Schwiegereltern nach dem Scheitern der Ehe berechtigt?

Oft kommt es vor, dass Eheleute von den Eltern des einen Ehegatten Geld erhalten, z.B. zum Kauf oder zum Ausbau einer Immobilie. Wenn die Ehe scheitert, fordern die Schwiegereltern dann das Geld ganz oder teilweise vom Schwiegerkind zurück. Zu Recht?

Die Antwort hängt von zwei Fragen ab. Erstens; Wer war eigentlich der Empfänger der Zahlung – beide Eheleute oder nur das eigene Kind der Schwiegereltern? Zweitens: War das Geld ein Geschenk, oder ein Darlehen?

1. Wer war der Empfänger der Zuwendung?

Maßgeblich ist zunächst, welche nachweisbare ausdrückliche Vereinbarung es gibt.

Einfach ist es, wenn eine schriftliche Vereinbarung existiert, aus der hervorgeht, wer der Empfänger ist. Meist gibt es aber so ein Schriftstück nicht.

Gibt es keine schriftliche Vereinbarung, kann sich der Leistungsempfänger eventuell aus den äußeren Umständen ergeben:
– Z.B. aus den Angaben auf einem Überweisungsträger
– Wer ist Inhaber des Empfängerkontos? Handelt es sich um ein Gemeinschaftskonto beider Eheleute, so spricht dies dafür, dass beide Eheleute Zahlungsempfänger sein sollten. Anders dagegen, wenn das Geld auf ein Einzelkonto eines Ehegatten überwiesen wurde. Auch dann kann es sich aber um eine Leistung an beide Eheleuite handeln, wenn es sich um das Familienkonto handelte, von dem die laufenden Kosten der Familie gezahlt wurden (vgl. OLG Bremen FamRZ 2016,504)
– Welcher Verwendungszweck wurde bei einer Überweisung angegeben? Handelte es sich um einen gemeinsamen Zweck beider Eheleute? Haben die Schwiegereltern das Geld zwar auf das Einzelkonto ihres eigenen Kindes überwiesen, ergibt sich aber aus den Umständen, dass der Zweck eine gemeinsame Anschaffung beider Eheleute war, so dürfte es sich um eine Schenkung an beide Eheleute handeln.

2. War es ein Darlehen oder ein Geschenk?

Ein Darlehen liegt vor, wenn vereinbart wurde, das Geld den Schwiegereltern zurück zu zahlen – mit oder ohne Zins. Ist umstritten, ob es sich bei einer Geldzuwendung um ein Geschenk oder um ein Darlehen handelte, so gilt: die Schwiegereltern müssen beweisen, dass es sich nur um ein Darlehen handelte. Dazu gehört in der Regel, dass sie auch nachweisen, welche Vereinbarung es gibt über die Rückzahlung des Geldes. Sie können ggfl. ihr eigenes Kind als Zeugen benennen. Können die Schwiegereltern nicht beweisen, dass eine Rückzahlung vereinbart war, so wird davon ausgegangen, dass das Geld geschenkt wurde.

(1). Bei einem Darlehen ist die Rückzahlungspflicht grundsätzlich unproblematisch. Bei einem gemeinsamen Darlehen können die Eltern vom Schwiegerkind sogar die Rückzahlung der gesamten Darlehenssumme verlangen. Denn so genannte “Gesamtschuldner” haften immer jeweils für die volle Schuldsumme. Allerdings kann derjenige Ehegatte, der das Darlehen allein zurückzahlt, vom anderen Ehegatten die Hälfte ersetzt verlangen.

Beispiel: Die Eltern der Ehefrau haben den Eheleuten ein Darlehen über 20.000,- Euro gegeben. Davon sollte das gemeinsame Leben der Eheleute oder eine gemeinsame Anschaffung finanziert werden. Nach der Trennung der Eheleute verlangen die Schwiegereltern vom Ehemann die Rückzahlung der 20.000,- Euro. Der Schwiegersohn muss tatsächlich die vollen 20.000,- Euro zurückzahlen, kann aber von seiner (Ex-)Frau Ersatz i.H.v. 10.000,- Euro verlangen.

Näheres zur Rückzahlungspflicht bei gemeinsamen Darlehen erfahren Sie im Kapitel “Gemeinsame Schulden “.

Wurde das Geld als Darlehen gegeben, aber kein fester Rückzahlungstermin vereinbart (“Ihr könnt es uns irgendwann mal zurückzahlen”), so wird man davon ausgehen können, dass die Rückzahlungspflicht spätestens mit dem endgültigen Scheitern der Ehe fällig wird, also spätestens mit Einreichung des Scheidungsantrags.

(2.) Handelt es sich – wie dies zumeist der Fall ist – um ein Geschenk, so bedeutet das nicht zwangsläufig, dass das Schwiegerkind das Geld behalten darf. Wurde das Geschenk nämlich erkennbar von der Vorstellung bestimmt, die Ehe des eigenen Kindes habe Bestand und das eigene Kind werde von der Zuwendung auf Dauer profitieren, so kann im Falle eines Scheiterns der Ehe die Geschäftsgrundlage für die Schenkung entfallen. Der mit der Schenkung bezweckte Erfolg kann dann nicht mehr eintreten. Deshalb kann in einem solchen Fall das Geschenk zurückverlangt werden.

Beispiel: Die Eheleute bewohnen ein Haus, das allein dem Ehemann gehört. Zur Renovierung des Hauses schenken die Eltern der Ehefrau den Eheleuten 30.000,- Euro. Sie gehen davon aus, dass diese Schenkung auch ihrer Tochter zugute kommt, weil sie zusammen mit dem Ehemann auf Dauer in dem Haus wohnen wird. Wird die Ehe nun wider Erwarten geschieden, so kann der von den Schwiegereltern bezweckte Erfolg – der eigenen Tochter auf Dauer ein schönes Zuhause zu sichern – nicht mehr eintreten.

In der Praxis ist es meistens so, dass bei der Schenkung keine ausdrücklichen Vereinbarungen über den Zweck der Schenkung getroffen werden. Dann muss man durch Auslegung ermitteln, ob bei der Schenkung der dauernde Bestand der Ehe vorausgesetzt wurde oder nicht.

Bei alltäglichen Geschenken ist dies in der Regel nicht der Fall. Insbesondere Geburtstags- und Weihnachtsgeschenke an das Schwiegerkind werden grundsätzlich nicht deswegen geschenkt, weil die Schwiegereltern vom dauernden Bestand der Ehe ausgehen würden. Solche Geschenke können deshalb nicht zurückverlangt werden. Das gleiche gilt für nicht außerordentlich teure Einrichtungsgegenstände (z.B. Fernseher, Mikrowelle usw.).

Ein Rückforderungsanspruch besteht auch dann nicht, wenn Geld zur Bezahlung des laufenden Lebensunterhalts geschenkt wurde. Deshalb besteht z.B. kein Rückzahlungsanspruch der Schwiegereltern, wenn den wenig verdienenden Ehegatten das Geld geschenkt wurde, um eine Urlaubsreise zu machen oder gar um sich Essen bzw. Kleidung kaufen zu können.

Anders ist es aber dann, wenn durch geschenktes Geld eine nachhaltige, teure Anschaffung getätigt werden sollte, wie insbesondere beim Immobilienerwerb oder -ausbau. Kann der mit der Schenkung bezweckte Sinn, nämlich auch dem eigenen Kind einen dauerhaften Gebrauchswert zukommen zu lassen, nicht mehr erfüllt werden, weil sich die Eheleute trennen, so kommt ein Rückforderungsanspruch in Betracht. Denn dann ist die “Geschäftsgrundlage” der Schenkung entfallen.

Ein solcher “Wegfall der Geschäftsgrundlage” berechtigt aber nur dann zu einer Rückforderung, wenn es den Schwiegereltern schlicht unzumutbar ist, auf eine Rückforderung zu verzichten. Es kommt in diesem Zusammenhang u.a. auf folgende Kriterien an:
– Ehedauer: bei einer langen Ehe ist es eher zumutbar, es bei einer schon viele Jahre zurückliegenden Schenkung zu belassen, als bei einer kurzen Ehe.
– wirtschaftliche Verhältnisse: haben die Schwiegereltern ein für ihre wirtschaftliche Verhältnisse sehr teures Geschenk gemacht, so spricht dies eher für eine Rückforderung, als wenn es sich um “steinreiche” Schwiegereltern handelt.

Kein ausreichender Grund für eine Rückforderung ist es , wenn die Schwiegereltern vom untreuen Schwiegerkind “enttäuscht” sind oder es gar bestrafen wollen.

Grundsätzlich können die Schwiegereltern nicht verlangen, dass der geschenkte Gegenstand zurückgegeben wird, sondern (nur) einen Ausgleich in Geld.

Hinsichtlich der Höhe der Rückforderung ist Folgendes zu beachten:

1. Wie gezeigt beruht das Rückforderungsrecht darauf, dass der mit der Schenkung bezweckte Erfolg infolge des Scheiterns der Ehe nicht mehr eintreten kann. Oft kann dieser Erfolg aber nur teilweise nicht mehr eintreten, während er umgekehrt zum Teil bereits eingetreten ist. Haben Schwiegereltern z.B. Geld für die Anschaffung oder Renovierung einer Immobilie geschenkt und die Eheleute danach bis zur Trennung 10 Jahre lang in dieser Immobilie gewohnt, so ist der Zweck der Schenkung für diese 10 Jahre erfüllt. Nicht erfüllt ist der Zweck lediglich für die verbleibende Lebensdauer des eigenen Kindes. Der geschenkte Geldbetrag muss daher aufgeteilt werden in einen Zeitraum bis zur endgültigen Trennung und einen Zeitraum bis zum (statistischen) Lebensende des eigenen Kindes. Nur der Anteil für die Zeit nach Scheitern der Ehe kann zurückgefordert werden.

2. Ferner kommt es darauf an, ob das Geschenk nur dem Schwiegerkind gemacht wurde, oder beiden Eheleuten gemeinsam. In der Regel soll das Geschenk beiden Eheleuten gemeinsam gehören. Dann können Schwiegereltern vom Schwiegerkind auch nur den halben Wert ersetzt verlangen.

Beispiel: Die Eltern der Ehefrau haben während der Ehe 10.000,- Euro auf das gemeinsame Konto der Eheleute gezahlt. Dieses Geschenk galt beiden Eheleuten, so dass die Schwiegereltern nach dem Scheitern der Ehe vom Schwiegersohn nicht 10.000,- Euro, sondern nur 5.000,- Euro verlangen können.

3. Außerdem ist die Rückforderung auf denjenigen Vermögensvorteil beschränkt, der beim Schwiegerkind noch vorhanden ist.

Beispiel: Die Eheleute besitzen ein Hausgrundstück im Wert von 200.000,- Euro. Für eine Modernisierung des Innenausbaus geben sie 20.000,- Euro aus, die sie von den Eltern der Ehefrau geschenkt bekommen. Nach dem Scheitern ihrer Ehe verkaufen sie ihr Haus zum objektiven Marktwert von 210.000,- Euro, jeder Ehegatte erhält 105.000,- Euro. Die Schwiegereltern können vom Schwiegersohn nur 5.000,- Euro verlangen, denn nur in dieser Höhe hat sich sein Vermögen durch die Schenkung erhöht.

Haben die Schwiegereltern Geld geschenkt, mit dem ein Immobilienkredit abgezahlt werden sollte, so besteht ein Rückforderungsanspruch nur in Höhe des Tilgungsanteils. Mit dem Zinsanteil werden dagegen Kosten des laufenden Lebensunterhalts bestritten.

Beispiel: Der Ehemann hat einen Kredit über 10.000,- Euro aufgenommen, wofür er 5 Jahre lang 250,- monatlich zurückzahlt. Insgesamt fallen also für Zins und Tilgung 15.000,- Euro an. Wenn seine Schwiegereltern ihm 15.000,- Euro geschenkt haben (oder, was das gleiche ist, wenn die Schwiegereltern die Abzahlung des Kredits übernommen habe), so können sie nicht 15.000,- Euro zurückfordern, sondern allenfalls 10.000,- Euro.

Der Rückgewähranspruch kann abgetreten werden, z.B. an das eigene Kind. Auf diese Weise kann auch ein Ex-Ehegatte den Rückgewähranspruch gegen den anderen Ehegatten geltend machen.

Sind die Schwiegereltern bereits verstorben, so geht der Rückgewähranspruch auf deren Erben über.


Verjährung:
Der Rückforderungsanspruch verjährt nach drei Jahren, bei Grundstücksschenkungen nach 10 Jahren (BGH FamRZ 2015,393). Gerechnet wird ab dem Zeitpunkt, ab dem die Schwiegereltern Kenntnis vom Scheitern der Ehe haben. Das ist in der Regel spätestens mit Zustellung des Scheidungsantrags der Fall (BGH FamRZ 2016,457).