Der Zugewinnausgleich bei Scheidung
Der Zugewinnausgleich bei Scheidung
Der Vermögensausgleich (Zugewinnausgleich)
Jeder Ehegatte kann bei einer Scheidung verlangen, dass das während der Ehezeit neu hinzu erworbene Vermögen (der so genannte “Zugewinn”) geteilt wird – es sei denn, die Eheleute hätten in einem Ehevertrag Gütertrennung vereinbart. Das Prinzip des Zugewinnausgleichs ist eigentlich sehr einfach. Trotzdem gibt es viele Irrtümer. Wir klären Sie auf.
Der Zugewinnausgleich im Überblick:
Was ist der “Zugewinnausgleich”?
Während der Ehe haben in der Regel beide Eheleute oder zumindest einer von ihnen Vermögen hinzugewonnen. Mit anderen Worten: sie sind am Ende der Ehe reicher als am Anfang. Dabei kann es sich z.B. um Grundstücke, Wertpapiere, Bankguthaben, Versicherungen, Luxusgüter oder auch einen Gewerbebetrieb handeln.
Der Vermögenszuwachs kann auch darauf beruhen, dass während der Ehe Schulden abgezahlt wurden. Beispiel: Der Ehemann besaß bei der Heirat ein Hausgrundstück im Wert von 300.000,- Euro, das damals aber noch mit einem Kredit von 220.000,- Euro belastet war. Der “Nettowert” des Grundstücks betrug also bei Eheschließung nur 80.000,- Euro. Wenn der Ehemann während der Ehe den Hauskredit weiter abgezahlt hat und sich der Kredit am Ende der Ehe nur noch auf 100.000,- Euro beläuft, dann ist der Ehemann während der Ehe um 120.000,- Euro reicher geworden.
Das Gesetz geht davon aus, dass grundsätzlich beide Eheleute je zur Hälfte an dem Vermögenszuwachs während der Ehe teilhaben sollen. Denn in der Regel haben beide Eheleute an diesem Vermögenszuwachs auf ihre Weise mitgewirkt. Und zwar auch dann, wenn nur einer der Eheleute berufstätig war und Vermögen gebildet hat. Wenn z.B. der allein berufstätige Ehemann das Haus, dessen Alleineigentümer er ist, während der Ehe abgezahlt und so sein Vermögen vergrößert hat, so hat seine Ehefrau, die Hausfrau ist, auch an dieser Vermögensmehrung teil. Denn sie hat ihm den Haushalt geführt und ggfl. die gemeinsamen Kinder geboren und großgezogen und dem Ehemann so den “Rücken freigehalten”.
Aus diesem Grund ist im Zusammenhang mit der Scheidung regelmäßig ein Vermögensausgleich durchzuführen. Das Gesetz nennt dies den “Zugewinnausgleich”. Dieser Zugewinnausgleich muss zunächst einmal von den Eheleuten selbst untereinander durchgeführt werden. Das Familiengericht kümmert sich nicht darum, solange nicht einer der Eheleute einen entsprechenden Antrag beim Gericht stellt. In den allermeisten Scheidungsprozessen wird der Zugewinnausgleich deshalb überhaupt nicht mitgeregelt. Es ist auch sehr zu empfehlen, den Zugewinnausgleich nicht in das Scheidungsverfahren hineinzuziehen, sondern außergerichtlich untereinander zu regeln.
Denn anderenfalls können die Gerichts- und Anwaltskosten ganz beträchtlich steigen.
Der Zugewinnausgleich besteht nun kurz gesagt darin, dass derjenige Ehegatte, der während der Ehe mehr Vermögen hinzu erworben hat, die Hälfte der Differenz zum Vermögenszuwachs des anderen Ehegatten an diesen auszugleichen hat. Hat also z.B. der Ehemann während der Ehe ein Vermögen von 300.000,- Euro neu hinzu
erworben, die Ehefrau nur ein solches von 120.000,- Euro, so muss der Ehemann die Hälfte der Differenz, also 90.000,- Euro ausgleichen.
Der Ausgleichsanspruch ist ein Anspruch auf eine bestimmte Geldsumme. Es kann nicht verlangt werden, dass bestimmte Vermögensgegenstände übertragen werden.
Hat also z.B. die Ehefrau während der Ehe weniger Vermögen hinzu erworben als ihr Mann, so kann sie von ihm nur verlangen, dass er ihr einen bestimmen Betrag auszahlt. Sie kann aber nicht verlangen, dass der Mann ihr einen Teil des Aktienpakets oder des Hauses überlässt. Natürlich können die Eheleute untereinander etwas anderes vereinbaren.
Für die Berechnung des Zugewinnausgleichs ist eine Vermögenssaldierung erforderlich. Es muss also alles vorhandene Vermögen in die Berechnung mit einbezogen werden. Darum ist es nicht möglich, isoliert nur einzelne Vermögensgegenstände “auszugleichen”. Beispiel: der Ehemann besitzt bei Beendigung der Ehe einen
Aktienpaket im Wert von 50.000,- Euro. Die Ehefrau kann nicht einfach verlangen, dass ihr die Hälfte des Wertes, also 25.000,- Euro, ausgezahlt werden. Vielmehr ist es erforderlich, bei beiden Ehegatten das gesamte Anfangs- und Endvermögen zu saldieren. Möglicherweise kommt dann beim Mann ein geringerer Überschuss als 50.000,-
Euro heraus.
1. Zur Berechnung des Zugewinnausgleichs:
1. Nicht das gesamte Vermögen wird ausgeglichen, sondern nur der Vermögenszuwachs (“Zugewinn”) nach der Heirat.
Beispiel: Der Ehemann verfügt am Ende der Ehe über ein Vermögen von 100.000,- Euro. Seine Ehefrau hat kein Vermögen. Falls der Ehemann bereits bei der Heirat ein Vermögen von 100.000,- Euro besaß, muss er seiner Frau nichts ausgleichen. Denn er hat keinen Zugewinn.
2. Haben beide Eheleute bei Ehezeitende das gleiche Vermögen, so bedeutet das nicht zwangsläufig, dass auch kein Vermögensausgleich stattfindet.
Beispiel: Die Eheleute sind gemeinsam Miteigentümer einer Immobilie, die bei Ehezeitende einen Wert von 200.000,- Euro hat. Weiteres Vermögen ist nicht vorhanden. Beide Eheleute haben also jeweils das gleiche Vermögen von 100.000,- Euro.
Falls es nun so war, dass die Ehefrau zu Beginn der Ehe ein Vermögen von 40.000,- Euro besaß, der Ehemann aber keinerlei Vermögen, so ist trotz gleichen Vermögens bei Ehezeitende der Zugewinn jeweils unterschiedlich: Während der Ehemann einen Zugewinn von 100.000,- Euro hat, hat die Ehefrau nur einen Zugewinn von 60.000,- Euro. Der Zugewinn des Ehemannes ist also um 40.000,- Euro höher als bei der Ehefrau, er muss ihr darum 20.000,- Euro ausgleichen.
3. Der Zugewinnausgleich kann nur auf der Grundlage des gesamten Vermögens berechnet werden. Es reicht grundsätzlich nicht, nur einen einzigen Vermögensgegenstand zu betrachten.
Beispiel: Beide Eheleute hatten zu Beginn der Ehe kein Vermögen. Bei Ehezeitende ist der Ehemann Alleineigentümer eines Hauses im Wert von 200.000,- Euro. Steht der Ehefrau hiervon die Hälfte zu, also 100.000.- Euro?
Diese Frage kann nur beantwortet werden, wenn man weiß, welchen Zugewinn sie selber hat. Hat sie z.B. während der Ehe auf einem Sparkonto 20.000,- Euro angespart, so hat sie selber einen Zugewinn von 20.000,- Euro. Da ihr (nur) die Hälfte der Zugewinn-Differenz zusteht, kann sie vom Ehemann nur einen Ausgleich von 90.000,- Euro verlangen.
4. Woher das Vermögen stammt, ist grundsätzlich unwichtig. Es wird nicht nur erarbeitetes Vermögen ausgeglichen, sondern z.B. auch ein Lottogewinn.
Eine Ausnahme gibt es für Vermögen, das man während der Ehe geerbt oder geschenkt bekommen hat. Näheres dazu erfahren Sie unter “weiterführende Informationen”.
5. Maßgeblich ist nur der jeweilige Vermögensstand zu Beginn und bei Ende der Ehe. Was zwischendurch mit dem Vermögen passiert ist, ist unerheblich. Zahlungen der Eheleute während der Ehezeit werden nicht verrechnet.
Beispiel: Zu Beginn der Ehe hatten beide Eheleute kein Vermögen. Bei Ehezeitende hat der Ehemann ein Vermögen von 100.000,- Euro, die Ehefrau ein Vermögen von 60.000,- Euro. Während der Ehe hat der Ehemann seiner Frau 10.000,- Euro geschenkt. Außerdem hat er das Auto seiner Ehefrau, welches 14.000,- Euro kostete, abgezahlt.
Was kann der Ehemann von der Ehefrau fordern? Im Zugewinnausgleich muss er ihr die Hälfte der Zugewinndifferenz ausgleichen, also 20.000,- Euro. Die während der Ehe geleisteten Zahlungen bleiben unberücksichtigt. Entweder ist das Vermögen (Geld und Auto) bei seiner Frau noch vorhanden – dann sind sie in den 60.000,- Euro Zugewinn bereits berücksichtigt. Oder das Vermögen ist nicht mehr vorhanden – dann muss die Frau auch nichts ausgleichen.
Manchmal ist derjenige Ehegatte, der während der Ehe der Hauptverdiener war und deshalb alle Anschaffungen, Urlaube usw. gezahlt hat, der Ansicht, er könne vom anderen Ehegatten bei der Scheidung die Hälfte seiner Zahlungen zurückfordern. Dies ist aber nicht so. Sonst könnte ja der andere Ehegatte genauso gut rückwirkend für die Ehezeit den halben Lohn für Kochen, Putzen und Einkaufen verlangen. Deshalb gilt: Leistungen egal welcher Art, die während des Zusammenlebens erbracht werden, werden im Hinblick auf die Lebensgemeinschaft erbracht und können nach Beendigung derselben nicht zurückgefordert werden.
Zu den Ausnahmefällen, in denen ausnahmsweise doch einmal eine geleistete Zahlung vom anderen Ehegatten zurückgefordert werden kann, siehe “Rückforderung von Zahlungen” .
2. In welchen Fällen wird kein Zugewinnausgleich durchgeführt?
Der Zugewinnausgleich muss nicht zwingend bei einer Scheidung durchgeführt werden. Das Scheidungsgericht kümmert sich, wie gesagt, regelmäßig gar nicht um diese Frage. Niemand zwingt also die Eheleute, überhaupt einen Vermögensausgleich durchzuführen (“Wo kein Kläger, da kein Richter”). Es bleibt demjenigen Ehegatten,
welchem der Zugewinnausgleich zusteht, überlassen, ob und wie er diesen Anspruch geltend macht.
In vielen Fällen erübrigt sich ein Zugewinnausgleich, nämlich dann, wenn von vornherein klar ist, dass beide Eheleute während der Ehe gleich viel bzw. gleich wenig hinzugewonnen haben.
Typisches Beispiel: Bei der Heirat hatten beide kein Vermögen, während der Ehe ist ein gemeinsames Haus angeschafft worden, weiteres nennenswertes Vermögen gibt es nicht. Hier ist der Zugewinn auf beiden Seiten gleich groß, nämlich das halbe Miteigentum am Haus, so dass ein Zugewinnausgleich gar nicht erst in Betracht kommt.
Der Zugewinnausgleich ist ausnahmsweise dann nicht durchzuführen, wenn die Eheleute Gütertrennung vereinbart haben. Eine solche Vereinbarung kann nur vor einem Notar geschlossen werden. Man kann die Gütertrennung bereits bei der Heirat in einem Ehevertrag vereinbaren. Man kann die Gütertrennung aber auch noch während des laufenden Scheidungsverfahrens vereinbaren.
Statt eines völligen Verzichts auf den Zugewinnausgleich können die Eheleute auch vereinbaren, dass der Zugewinnausgleich anders berechnet werden soll als es das Gesetz vorsieht. Sie können z.B. vereinbaren, dass bestimmte Vermögensgegenstände nicht berücksichtigt werden sollen. Oder sie können vereinbaren, dass der Berechtigte mit einer pauschalen Summe abgefunden wird. Oder sie können vereinbaren, dass der Berechtigte statt eines Geldbetrags einen Vermögensgegenstand übertragen bekommt. Diese und andere denkbare Vereinbarungen bedürfen aber immer der notariellen Beurkundung.
3. Wie wird der Zugewinnausgleich ermittelt?
Der Zugewinnausgleich setzt immer voraus, dass man die beiden Gesamtvermögen der Ehegatten miteinander vergleicht. Einzelne Gegenstände können nicht isoliert ausgeglichen werden. Eine Frage wie “Ich habe während der Ehe von meinem Geld ein Haus gekauft. Steht meiner Frau jetzt die Hälfte davon zu?” kann deswegen nicht beantwortet werden, solange man nicht auch den Rest des Vermögens und die Schulden kennt, und solange man nicht weiß, wie hoch der Zugewinn bei dem anderen Ehegatten ist.
Es ist erforderlich, bei jedem Ehegatten getrennt den während der Ehe eingetretenen Vermögenszuwachs (den “Zugewinn”) zu bestimmen. Dazu berechnet man die Differenz zwischen seinem Endvermögen und seinem Anfangsvermögen.
Endvermögen ist das Vermögen, das der Ehegatte bei Beendigung der Ehe hat;
Anfangsvermögen ist das Vermögen, das er bei Eheschließung hatte. Nähere Informationen dazu erhalten Sie nachfolgend unter Punkt 4. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Berechnung des Endvermögens ist nicht der Tag der Scheidung, sondern der Tag der Zustellung des Scheidungsantrags an den anderen Ehegatten.
“Vermögen” ist das Saldo aus positiven Vermögenswerten abzüglich der Schulden.
Man braucht also insgesamt vier Werte:
1. Anfangsvermögen Ehemann (AM)
2. Endvermögen Ehemann (EM)
3. Anfangsvermögen Frau (AF)
4. Endvermögen Frau (EF).
Nur auf den jeweiligen Vermögensstand der Ehegatten zu diesen Zeitpunkten kommt es an. Was während der Ehe mit dem Vermögen passiert ist, ist völlig uninteressant.
Es ist auch völlig uninteressant, wer was (ab-)gezahlt hat. Ebenso uninteressant ist, wer evtl. mehr verdient hat als der andere.
4. Auskunftsanspruch:
Zur Berechnung eines etwaigen Zugewinnausgleichsanspruchs hat jeder Ehegatte das Recht, vom anderen Ehegatten Auskunft zu erhalten über dessen Vermögensstand (Aktiva und Passiva)
– am Tag der Eheschließung
– zum Zeitpunkt der Trennung und
– zum Zeitpunkt des Scheidungsantrags.
Er kann verlangen, dass der andere Ehegatte seine Angaben belegt, z.B. durch Kontoauszüge.
Wurde in einem Ehevertrag der Zugewinnausgleich ausgeschlossen und ist strittig, ob dieser Vertrag wirksam ist, so besteht nur dann eine Auskunftspflicht, wenn das Gericht die Unwirksamkeit des Ehevertrags bereits festgestellt hat (OLG Naumburg FamFR 2013,444).
Ist der Zeitpunkt der Trennung streitig, so kann die Feststellung des Trennungszeitpunkts per (Zwischen-)Feststellungsantrag beim Familiengericht begehrt werden (OLG Brandenburg NZFam 2014,86).
5. Was gehört zum Anfangsvermögen, was zum Endvermögen?
a) Zum Endvermögen gehört alles Vermögen, das zum Stichtag (Zustellung des Scheidungsantrags an den anderen Ehepartner) vorhanden ist. Schulden sind abzuziehen.
Alles vorhandene Vermögen ist mitzuzählen. Woher das Vermögen stammt, ist unerheblich. Deshalb gehört zum Endvermögen z.B. auch eine Erbschaft oder ein Lottogewinn. Auch ein Aktienpaket, das bereits bei Eheschließung vorhanden war, gehört zum Endvermögen, und zwar mit dem dann aktuellen Kurswert. Zum
Endvermögen gehört also auch:
– Vermögen, das bereits bei Eheschließung vorhanden war
– Vermögen, das während der Ehe geerbt wurde
– Vermögen, das der Ehegatte während der Ehe geschenkt erhalten hat
– Vermögen, das mit ererbtem oder geschenktem Geld erworben wurde.
Da Schulden vom Endvermögen abziehbar sind, kann das Endvermögen auch negativ sein.
Beispiel: Der Ehemann hat zum Stichtag ein Aktiendepot im Wert von 30.000,- Euro. Außerdem hat er Schulden in Höhe von 40.000,- Euro. Sein Endvermögen beträgt also – (minus) 10.000,- Euro.
Zum Endvermögen gehört auch gemeinsames Vermögen der Eheleute, allerdings natürlich nur der “eigene” Anteil. Haben die Parteien also ein gemeinsames Haus mit einem Wert von 300.000,- Euro, so fließt dieses Haus jeweils mit einem Betrag von 150.000,- Euro in das Endvermögen beider Eheleute.
Vom Endvermögen sind die zum Stichtag vorhandenen Schulden abzuziehen. Zu diesen Schulden können auch Unterhaltsschulden gehören, allerdings nicht solche Unterhaltsschulden, die erst nach dem Stichtag entstanden sind.
b) Zum Anfangsvermögen gehört zunächst einmal alles Vermögen, das bei Eheschließung vorhanden war.
Schulden sind abzuziehen. Dadurch kann das Anfangsvermögen auch negativ sein.
Bestimmte Vermögensgegenstände werden nach § 1374 Abs. 2 BGB dem Anfangsvermögen hinzugerechnet. obwohl sie erst während der Ehe erworben wurden.
Dabei handelt es sich insbesondere um
– Erbschaften (auch vorweggenommene Erbschaften),
– Schenkungen (allerdings zählen dazu nicht Schenkungen eines Ehegatten an den anderen).
Beispiel: Die Ehefrau besaß bei Eheschließung ein Vermögen von 30.000,- Euro. Während der Ehe stirbt ihre Mutter, sie erbt 150.000,- Euro. Diese 150.000,- Euro werden dem Anfangsvermögen hinzugerechnet, das Anfangsvermögen beträgt also 180.000,- Euro.
Ein Geldgeschenk, das ein Ehegatte während der Ehe erhält, zählt ebenfalls zum Anfangsvermögen – es sei denn, dieses Geldgeschenk sollte zur Deckung des laufenden Lebensbedarfs dienen. Beispiel: Der Ehemann wird während der Ehe arbeitslos. Seine Eltern schenken ihm in dieser Phase 10.000,- Euro, u.a. damit die Familie trotz der Arbeitslosigkeit Urlaub machen und das Auto weiter finanzieren kann. Da die Schenkung nicht die Vermögensbildung fördern sollte, wird sie nicht dem Anfangsvermögen des Ehemanns hinzugerechnet (vgl. BGH NZFam 2014,20,22).
Wichtig bei Erbschaften und Schenkungen: Wie gezeigt werden Erbschaften und Schenkungen zum Anfangsvermögen hinzugerechnet. Bei der Berechnung des Zugewinns ist es wichtig, sich daran zu erinnern, dass zum Endvermögen alles vorhandene Vermögen gehört, egal woher es stammt (siehe oben). Zum Endvermögen vorhandene Vermögen gehört, egal woher es stammt (siehe oben). Zum Endvermögen gehören also auch die Gegenstände, die geerbt oder geschenkt wurden, wenn diese Gegenstände bei Beendigung der Ehe noch vorhanden sind. Zum Endvermögen gehört auch, was mit ererbtem oder geschenktem Geld erworben wurde.
Beispiel: Der Ehemann hatte zu Beginn der Ehe nichts. Während der Ehe erbt er ein Haus. Dieses Haus besitzt er auch noch am Ende der Ehe. In diesem Fall gehört das Haus sowohl zum Anfangs- als auch zum Endvermögen.
Nun könnte man sich fragen, ob man das Haus dann nicht gleich ganz außen vor lassen kann. Das würde aber eine zwischenzeitliche Wertsteigerung nicht erfassen.
Nehmen wir an, das Haus wurde 1985 geerbt und hatte damals einen Wert von (umgerechnet) 150.000,- Euro. Am Ende der Ehe im Jahre 2006 hat es aber einen Wert von 220.000,- Euro. Der Zugewinn beträgt also 70.000,- Euro. Dem Anfangsvermögen wird die Erbschaft bzw. Schenkung mit dem Wert hinzugerechnet, der zum Zeitpunkt des Vermögenserwerbs bestand. Dem Endvermögen wird die Erbschaft/Schenkung mit dem Wert hinzugerechnet, der bei Beendigung der Ehe vorliegt. Es ist ganz egal, woher dieser Wertzuwachs kommt. Er kann daher kommen, dass der Eigentümer das Haus renoviert hat. Er kann auch einfach daher kommen, dass die Grundstückspreise gestiegen sind. Schließlich kann der Wertzuwachs sogar daher kommen, dass der andere Ehegatte Geld oder Arbeit in das Haus gesteckt hat.
Genauso ist es, wenn ein Geldbetrag geerbt wird. Hat der Ehemann also während der Ehe 100.000,- Euro geerbt, dann erhöhen diese 100.000,- Euro das Anfangsvermögen. Wenn der Ehemann das Geld in ein Haus gesteckt hat, und dieses Haus hat nun einen Wert von 300.000,- Euro, so gehören diese 300.000,- Euro zum Endvermögen.
Bei der Ermittlung des Anfangsvermögens können folgende Situationen auftreten:
(1) Man weiß nicht mehr, welches Vermögen bei Eheschließung vorhanden war.
Für diesen Fall schreibt das Gesetz in § 1377 Abs. 3 BGB vor, dass das Endvermögen den gesamten Zugewinn ausmacht, das Anfangsvermögen also mit 0,- Euro
angesetzt wird.
(2) Das Anfangsvermögen war negativ:
War das Anfangsvermögen eines Ehegatten negativ, d.h. hatte er bei Eheschließung mehr Schulden als Vermögen, so stellt dieser negative Betrag sein Anfangsvermögen dar.
Beispiel: Der Ehemann hatte bei Eheschließung 15.000,- Euro Schulden. Zum Zeitpunkt der Scheidung hat er ein Vermögen von 20.000,- Euro. Sein Zugewinn während
der Ehe beträgt also 35.000,- Euro.
(3) Insbesondere bei längerer Ehedauer ist die zwischenzeitliche Geldentwertung zu berücksichtigen.
Haben die Eheleute z.B. von 20 Jahren geheiratet und hatte der Mann damals ein Vermögen von (umgerechnet) 20.000,- Euro. so ist anhand der Inflationsraten
auszurechnen, welcher Summe heutzutage die damaligen 20.000,- Euro entsprechen. Hat es also z.B. in den letzten 20 Jahren eine Inflation von zusammengerechnet 100% gegeben, so wären die 20.000,- Euro heutzutage 40.000,- Euro wert. Bei der Berechnung des Zugewinns ist deshalb in das Anfangsvermögen des Ehemanns ein Vermögen von 40.000,- Euro zu stellen.
6. Berechnung des Zugewinnausgleichs:
Der Zugewinn jedes Ehepartners wird berechnet, indem man vom Endvermögen des Ehegatten sein Anfangsvermögen abzieht. Die Differenz beider Vermögenswerte ist
der Zugewinn. Der Zugewinn des Ehemannes ist also gleich EM ./.AM, derjenige der Ehefrau entsprechend EF ./. AF.
Beispiel: Hatte der Ehemann bei Eheschließung ein Vermögen von 50.000,- Euro und am Ende ein Vermögen von 200.000,- Euro, so beträgt sein Zugewinn (200.000,- ./.
50.000,-) = 150.000,- Euro. Hatte die Ehefrau bei Eheschließung gar kein Vermögen, am Ende aber 100.000,- Euro, so beträgt ihr Zugewinn (100.000,- ./. 0,- ) = 100.000,-
Euro.
Der Zugewinnausgleichsanspruch kann also in folgende Formel gefasst werden:
Ausgleichsanspruch = 1/2 x ( (EM ./. AM) ./. (EF ./. AF) )
Wichtig: Der Zugewinn kann nicht negativ sein! Er beträgt immer mindestens 0,- Euro.
Beispiel: Der Ehemann hatte zu Beginn des Ehe ein Vermögen von 10.000,- Euro. Sein Endvermögen besteht aus einer Lebensversicherung i.H.v. 15.000,- Euro,
außerdem hat er aber 30.000,- Euro schulden. Sein Endvermögen beträgt also minus 15.000,- Euro. Der Ehemann ist mithin während der Ehe um 5.000,- Euro ärmer
geworden. Trotzdem ist sein Zugewinn auf 0,- Euro zu setzen, nicht etwa auf minus 5.000,- Euro. Grund: würde man einen negativen Zugewinn zulassen, so müsste sich der andere Ehegatte zur Hälfte an diesem “Minus” beteiligen. Das wäre dann aber kein Zugewinnausgleich mehr, sondern ein Schuldenausgleich, den das Gesetz aber nicht vorsieht.
Steht der Zugewinn jedes Ehegatten fest, so sind die Werte zu saldieren. In unserem ersten Beispielsfall also: 150.000,- Euro Ehemann ./. 100.000,- Euro Ehefrau = 50.000,- Euro. Der Zugewinn des Ehemannes war also um 50.000,- Euro höher als der Zugewinn der Ehefrau. Die Ehefrau kann verlangen, dass die Hälfte des Zugewinns
ausgeglichen wird, d.h. dass 25.000,- Euro an sie gezahlt werden.
Noch einmal: der Ausgleichsberechtigte kann nur verlangen, dass ihm dieser Geldbetrag gezahlt wird. Er kann aber nicht verlangen, dass ihm ein bestimmter Vermögensgegenstand übertragen wird. Natürlich können die Eheleute einvernehmlich etwas anderes vereinbaren, z.B. dass der ausgleichspflichtige Ehemann der Ehefrau eine Lebensversicherung überschreibt oder ein Grundstück überschreibt, statt Geld zu zahlen. Das geht aber nur im Einvernehmen beider Eheleute.
Für jeden einzelnen Ehegatten ist es vorteilhaft, wenn sein Anfangsvermögen möglichst groß, sein Endvermögen dagegen möglichst klein ist. Je größer das Anfangs- und je kleiner das Endvermögen, desto geringer der eigene Zugewinn während der Ehe.
7. Ändert der Zugewinnausgleich etwas an den Eigentumsverhältnissen?
Antwort: nein! Wie bereits mehrfach erwähnt, wird im Zugewinnausgleich nur ein Geldbetrag geschuldet, der Ausgleich findet nur durch Zahlung eines Geldbetrags statt.
Auch nach Zahlung dieses Geldbetrags ändert sich an den Eigentumsverhältnissen gar nichts.
Beispiel: Der Ehemann hatte bei Eheschließung ein Vermögen von 50.000,- Euro, die Ehefrau hatte kein Vermögen. Zum Zeitpunkt der Scheidung sind beide Miteigentümer eines Hausgrundstücks. Das Hausgrundstück hat – nach Abzug der Schulden – einen Wert von 200.000,- Euro. Weiteres Vermögen existiert nicht. Die Zugewinnausgleichs-Berechnung ergibt folgendes: Der Mann hat ein Endvermögen von 100.000,- Euro, er hat also während der Ehe 50.000,- Euro hinzugewonnen. Die Frau hat einen Vermögenszuwachs von 100.000,- Euro. Das sind 50.000,- Euro mehr als ihr Mann, sie muss ihm also 25.000,- Euro ausgleichen. Wenn die Frau ihm diese 25.000,- Euro zahlt, bleibt sie aber trotzdem weiterhin Miteigentümerin des Hausgrundstücks. An den Eigentumsverhältnissen ändert sich nichts. Freilich können die Eheleute untereinander vereinbaren, dass die Ehefrau statt 25.000,- Euro zu zahlen ihrem Mann die Haushälfte überschreibt und dann umgekehrt der Mann der Frau noch 75.000,- Euro zahlt.
8. Wann verjährt der Anspruch auf Zugewinnausgleich?
Der Anspruch auf Zugewinnausgleich verjährt drei Jahre nach seiner Entstehung, bei einer Scheidung also drei Jahre nach Rechtskraft der Scheidung, § 1378 Abs. 4 BGB.
Das bedeutet, dass derjenige Ehegatte, der meint, vom anderen etwas zu bekommen, diesen Anspruch spätestens drei Jahre nach der Scheidung geltend machen muss.
Dagegen ist eine ungewöhnlich lange Trennungszeit grundsätzlich kein Grund, den Zugewinnausgleich ausnahmsweise auszuschließen. Und zwar selbst dann nicht, wenn die Trennungsdauer ungewöhnlich lange war. Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn das Endvermögen nachweislich erst nach der Trennung erwirtschaftet worden ist und keinerlei Beziehung dieses Vermögens zur ehelichen Lebensgemeinschaft besteht.
9. Schulden, die schon beim Unterhalt abgezogen wurden:
Zahlt einer der Eheleute Schulden ab, die bereits bei der Unterhaltsberechnung berücksichtigt wurden, so können diese Schulden grundsätzlich nicht noch einmal bei der Berechnung des Zugewinnausgleichs angesetzt werden. Denn sonst würden die Schulden gleich zweimal zu Kürzung von Ansprüchen des anderen Ehegatten führen: Erstens würde er wegen der abgezogenen monatlichen Raten weniger Unterhalt bekommen, und zusätzlich würde er wegen des Abzugs der Schulden vom Vermögen des anderen Ehegatten einen Nachteil beim Zugewinnausgleich erleiden. Das widerspricht aber dem so genannten “Doppelverwertungsverbot”.
Beispiel: Der Ehemann zahlt allein eine Immobilie ab, in welcher die Frau wohnt. Die monatlichen Raten betragen 900,- Euro, die Restschuld bei Einreichung der Scheidung liegt bei 50.000,- Euro.
Falls bei der Unterhaltsberechnung vom Einkommen des Ehemanns monatlich 900,- Euro abgezogen werden, verringert sich dadurch der Unterhaltsanspruch der Ehefrau um 450,- Euro. Wirtschaftlich gesehen beteiligt sie sich durch den Abzug also mit monatlich 450,- Euro am Kredit. Würden beim Zugewinnausgleich die Schulden von 50.000,- Euro vom Vermögen des Ehemanns abgezogen, so würde die Ehefrau dadurch einen weiteren Nachteil von 25.000,- Euro erleiden – obwohl sie sich ja bereits mit 450,- Euro an der Abzahlung des Kredits beteiligt!
Zahlt ein Ehegatte allein gemeinsame Schulden ab, die bereits beim Ehegattenunterhalt berücksichtigt werden, so ist im Rahmen des Zugewinnausgleichs wie folgt zu verfahren:
(1) Die gemeinsamen Schulden sind bei jedem Ehegatten in voller Höhe (nicht etwa nur zur Hälfte!) vom Vermögen abzuziehen.
(2) Derjenige Ehegatte, der sich vereinbarungsgemäß nicht an der Abzahlung des Kredits beteiligt, hat gegen den anderen Ehegatten einen so genannten Befreiungsanspruch in Höhe der Restschuld. Dieser Befreiungsanspruch ist bei ihm als Aktivvermögen anzusetzen.
Beispiel (nach Hachenberg, NZFam 2014,731):
Beide Eheleute hatten zu Beginn der Ehe kein Vermögen.
Die Eheleute besitzen zum Zeitpunkt der Scheidung eine gemeinsame Immobile im Wert von 400.000,- Euro. Den Kreditvertrag haben beide unterschrieben.
Der Ehemann ist ausgezogen, die Ehefrau wohnt noch in der Immobilie.
Der Ehemann zahlt die Kreditraten allein ab. Diese Kreditraten werden bei der Unterhaltsberechnung von seinem Einkommen abgezogen.
Bei Einreichung der Scheidung belaufen sich die Restschulden auf 160.000,- Euro. Weiteres Vermögen oder weitere Schulden sind nicht vorhanden.
Man rechnet wie folgt:
Die Ehefrau hat ein Vermögen von 200.000,- Euro (halbes Haus) plus 160.000,- Euro (Befreiungsanspruch gegen den Ehemann in Höhe der gemeinsamen Restschuld), zusammen also 360.000,- Euro. Abzüglich der in voller Höhe anzusetzenden gemeinschaftlichen Schulden von 160.000,- Euro beträgt ihr Zugewinn also 200.000,- Euro.
Der Ehemann hat ein Vermögen von 200.000,- Euro (halbes Haus).