Falls die Eheleute bereits mindestens 1 Jahr, aber noch keine 3 Jahre getrennt leben, so kann die Ehe auch ohne Zustimmung des anderen Ehegatten geschieden werden, wenn sie nachweislich “zerrüttet” ist. In einem solchen Fall ist es deshalb nötig, dem Gericht mindestens einen ausreichenden Scheidungsgrund mitzuteilen.
Dieser Scheidungsgrund muss nicht identisch sein mit dem Trennungsgrund. Vielmehr reichen auch Gründe aus, die erst während des Trennungsjahres eingetreten sind, sofern sich daraus eine Zerrüttung der Ehe ergibt.
Derjenige Ehegatte, der geschieden werden will, muss dem Gericht notfalls die Zerrüttung der Ehe beweisen. Streitet der andere Ehegatte die Scheidungsgründe ab, so können sogar Zeugen vernommen werden.
Zum Nachweis der Zerrüttung reicht es in der Regel aber aus, dass nur der Antragsteller sich endgültig von der Ehe abgewendet hat und die Ehe einseitig als zerrüttet ansieht, wenn deshalb die Wiederherstellung der Ehe nicht zu erwarten ist (OLG Brandenburg NZFam 2015,379).
Nach einem Jahr Trennung kann deshalb auch derjenige Ehegatte die Scheidung verlangen, der selbst den Scheidungsgrund geschaffen hat, z.B. der selbst einen neuen Partner hat – selbst wenn der andere Ehegatte nicht mit der Scheidung einverstanden ist.
Wichtig: Es muss immer feststehen, dass das Trennungsjahr abgelaufen ist. Falls der andere Ehegatte bestreitet, dass das Trennungsjahr schon vorbei ist, so muss der scheidungswillige Ehegatte dieses Trennungsjahr beweisen. Gelingt dieser Nachweis nicht, so kann die Ehe nicht geschieden werden – sei sie auch offensichtlich noch so zerrüttet!