Erste Voraussetzung des nachehelichen Unterhalts: Der Unterhaltsberechtigte hat ein geringeres anzurechnendes Nettoeinkommen als der Unterhaltspflichtige.

 

Das klingt im Prinzip ganz einfach. In der Praxis liegen die Schwierigkeiten aber darin, festzustellen, wie hoch denn eigentlich bei beiden Ex-Eheleuten das anzusetzende Einkommen ist. Denn für die Unterhaltsberechnung kommt es nicht nur auf das monatliche Nettoeinkommen an. Das “unterhaltsrelevante Einkommen” kann durch zahlreiche Hinzurechnungen oder Abzüge beeinflusst sein:

(1) Auf der Einnahmeseite werden z.B. auch Gebrauchsvorteile wie der Wohnwert einer selbstbewohnten Immobilie berücksichtigt.
Beispiel: Die Ex-Ehefrau hat ein Nettoeinkommen von 2.100,- €, der Ex-Ehemann ein Nettoeinkommen von nur 2.000,- €. Es sieht also zunächst so aus, als schulde er seiner Ex-Frau keinen Unterhalt. Er wohnt aber in einer lastenfreien Eigentumswohnung. Deren Wohnwert (Mietwert) liegt bei monatlich 500,- €. Da der Wohnwert wie Einkommen behandelt wird, hat der Ex-Ehemann also insgesamt ein Einkommen von 2.500,- €. Jetzt stellt sich also heraus, dass sein unterhaltsrelevantes Nettoeinkommen höher ist als das Nettoeinkommen seiner Frau. Er muss ihr darum Unterhalt zahlen.

(2) Oft wird “fiktives” Einkommen hinzugerechnet. Das ist Einkommen, welches in Wirklichkeit gar nicht vorhanden ist, das aber theoretisch erzielt werden könnte.
Beispiel: Der Ex-Ehemann hat ein Nettoeinkommen von 1.500,- €. Die Ex-Ehefrau verdient monatlich nur 400,- € aus einer Nebentätigkeit. Da keine Kinder vorhanden sind, könnte sie aber in Vollzeit berufstätig sein und dann ebenfalls monatlich 1.500,- € verdienen. Deshalb hat sie keinen Unterhaltsanspruch gegen ihren Mann.

(3) Auf der Ausgabenseite können eheprägende Schulden abzuziehen sein. Der häufigste Fall ist der Abzug des Kindesunterhalts:
Beispiel: Der Ex-Ehemann hat ein Nettoeinkommen von 2.400,- €. Die Ex-Ehefrau hat ein Nettoeinkommen von 1.900,- €. Die früheren Eheleute haben zwei minderjährige Kinder, die bei der Ex-Ehefrau leben. Der Ex-Ehemann zahlt für diese beiden Kinder insgesamt 550,- € Kindesunterhalt. Nach Abzug des Kindesunterhalts beträgt sein unterhaltsrelevantes Einkommen nur noch 1.850,- €. Weil dieses Nettoeinkommen geringer ist als das Nettoeinkommen seiner Ex-Frau, schuldet er ihr keinen Ehegattenunterhalt.

Deshalb kann die Frage, ob überhaupt ein Unterhaltsanspruch besteht, oft erst beantwortet werden, nachdem das unterhaltsrelevante Einkommen ermittelt wurde. Näheres zur Berechnung des unterhaltsrelevanten Einkommens erfahren Sie im Kapitel “Wie wird das unterhaltsrelevante Einkommen ermittelt?“.