Werden Einkünfte aus einem Nebenjob bei der Unterhaltsberechnung berücksichtigt?

Besteht vielleicht sogar eine Pflicht zu einer Nebentätigkeit?

Hier ist zu unterscheiden:

1. Beim Kindesunterhalt:

Übt der unterhaltspflichtige Elternteil bereits eine Vollzeittätigkeit aus, so sind zusätzlich erzielte Nebeneinkünfte in der Regel “überobligatorisch” (“nicht geschuldet”). Eine solche überobligatorische Tätigkeit darf jederzeit beendet werden.

Diese Nebeneinkünfte werden allenfalls zum Teil angerechnet. Ob überhaupt ein Teil angerechnet wird und wenn ja in welcher welcher Höhe, hängt vom Einzelfall ab. Hier kann es z.B. darauf ankommen, ob die Nebentätigkeit mit besonderen Schwierigkeiten verbunden ist (schlechte Arbeitszeiten, lange Fahrwege), ob der Unterhaltspflichtige gesundheitlich angeschlagen ist u.ä. Von den Gerichten werden meist 50% des Nebeneinkommens angerechnet. Manche Gerichte rechnen überhaupt keine Nebeneinkünfte an, wenn durch das normale Vollzeiteinkommen des Unterhaltsschuldners bereits mehr als der Mindestunterhalt nach der Düsseldorfer Tabelle gesichert ist.

Ausnahme: Anders ist es aber dann, wenn Unterhalt für minderjährige Kinder (oder “privilegierte” Volljährige) geschuldet wird und das Einkommen aus der Vollzeittätigkeit allein nicht einmal ausreichen würde, um wenigstens den Mindestunterhalt der Kinder zu zahlen. Also den Unterhalt nach der untersten Stufe der Düsseldorfer Tabelle. In diesem Fall werden Nebeneinkünfte mitgerechnet, um so zumindest den Mindestunterhalt sicherzustellen. Das gilt jedenfalls solange die maximal zulässige Wochenarbeitszeit von 48 Stunden nicht überschritten wird.

2. Beim Ehegattenunterhalt:

Eine Nebentätigkeit, die bereits zum Zeitpunkt des Zusammenlebens oder während der Trennungszeit aufgenommen wurde, wird bei der Berechnung des Ehegattenunterhalts grundsätzlich mitgerechnet. Davon kann es aber folgende Ausnahmen geben:

(1) Ist die Nebentätigkeit “überobligatorisch”, werden die Einkünfte nur zum Teil angerechnet. “Überobligatorisch” ist eine Nebentätigkeit, deren Ausübung eigentlich nicht geschuldet wird bzw. unzumutbar ist, z.B.

– eine Nebentätigkeit trotz Betreuung eines Kindes unter drei Jahren;

– eine Nebentätigkeit neben einer bereits vorhandenen Vollzeittätigkeit,

– eine Nebentätigkeit ist aus gesundheitlichen Gründen unzumutbar,

– die Nebentätigkeit ist mit besonderen Schwierigkeiten / Anstrengungen verbunden.

Wird eine Nebentätigkeit bereits längere Zeit während des Zusammenlebens der Eheleute ausgeübt, spricht dies allerdings gegen eine Unzumutbarkeit der Nebentätigkeit.

Eine unzumutbare Nebentätigkeit darf jederzeit aufgegeben werden.

Ist der nebenjob eigentlich unzumutbar, so werden die Nebeneinkünfte nur zum Teil angerechnet. Geht der unterhaltsberechtigte Ex-Ehegatte z.B. bereits einer Vollzeittätigkeit nach, werden die Nebeneinkünfte nur zum Teil angerechnet, maximal bis zur Hälfte. Ist der unterhaltsberechtigte Ex-Ehegatte wegen der Betreuung eines Kindes nicht oder nur eingeschränkt erwerbspflichtig, werden die Nebeneinkünfte ebenfalls nur teilweise angerechnet.

(2) Wird neben einer normalen Vollzeitstelle noch eine Nebentätigkeit ausgeübt, um solche Schulden abzahlen zu können, die nicht vom Einkommen abgezogen werden können, so zählen die Nebeneinkünfte bis zur Höhe der monatlichen Schulden nicht mit.

Beispiel:

Der Ehemann hat ein Einkommen aus einer Vollzeitstelle von netto 2.000,- Euro. Er hat sich einen teuren Pkw auf Kredit gekauft, wofür er monatlich 300,- Euro abzahlen muss. Diese 300,- Euro kann er bei der Unterhaltsberechnung nicht vom Einkommen abziehen (sondern nur die Fahrtkosten zur Arbeit und zurück). Wenn er nun noch einen Nebenjob annimmt, bei welchem er Nebeneinkünfte von 450,- Euro monatlich erzielt, so werden davon für die Unterhaltsberechnung nur 150,- Euro angerechnet. Die restlichen 300,- Euro werden auf die Kreditraten verrechnet, die er ja unterhaltsrechtlich nicht abziehen kann.

(3) Nebeneinkünfte, die während des Zusammenlebens nicht für den Familienunterhalt zur Verfügung standen, werden ebenfalls nicht angerechnet, weil der Unterhaltsberechtigte sonst finanziell besser stünde als während der Ehe (OLG Brandenburg FF 2020,172).

(4) Eine Nebentätigkeit, die erst nach der Scheidung aufgenommen wurde, wird beim unterhaltspflichtigen Ehegatten nicht als Einkommen angerechnet. Die Aufnahme einer Nebentätigkeit nach der Scheidung erhöht also nicht den Unterhaltsanspruch. (Ausnahme: falls ein Mangelfall vorliegt und der eigentlich geschuldete volle Unterhalt allein aus der Vollzeittätigkeit nicht gezahlt werden könnte). Beim unterhaltsberechtigten Ehegatten dagegen wird das Einkommen aus einer Nebentätigkeit angerechnet.

3. WICHTIG: In den zuvor genannten Fällen werden die Nebeneinkünfte bei der Berechnung des Unterhaltsbedarfs nicht oder nur teilweise angerechnet. Die Nebeneinkünfte werden aber dann in voller Höhe angerechnet wenn es um die Frage der “Leistungsfähigkeit” geht, also darum, ob ein einmal berechneter Unterhalt vom Unterhaltspflichtigen auch tatsächlich gezahlt werden kann.
Beispiel:
Der Ehemann ist seiner geschiedenen Ehefrau unterhaltspflichtig. Während der Ehe hatte er eine Vollzeitarbeitsstelle, aus der eine Unterhaltspflicht von 400,- Euro errechnet wurde. Nach der Scheidung nimmt er noch zusätzlich einen Nebenjob auf. Die Einkünfte aus dieser Nebentätigkeit erhöhen nicht den Unterhaltsanspruch der Frau. Wenn nun in seinem Hauptjob z.B. Kurzarbeit angeordnet wird und dadurch das Einkommen des Ehemanns sinkt, muss er trotzdem weiterhin den bisherigen Unterhaltsbetrag zahlen. Denn Dank seiner Nebeneinkünfte ist er in Höhe des bisherigen Betrags leistungsfähig.