Zählt Pflegegeld als Einkommen, und in welcher Höhe wird es angerechnet?

In den “Unterhaltsleitlinien des OLG Düsseldorf” liest man zu der Frage, ob Pflegegeld als Einkommen angerechnet wird:

Leistungen aus der Pflegeversicherung … nach Abzug eines Betrages für tatsächliche Mehraufwendungen sind Einkommen; bei Sozialleistungen nach § 1610a BGB wird widerlegbar vermutet, dass sie durch Aufwendungen aufgezehrt werden.

Der Anteil des an die Pflegeperson weitergeleiteten Pflegegeldes, durch den ihre Bemühungen abgegolten werden, ist Einkommen. Bei Pflegegeld aus der Pflegeversicherung gilt dies nur nach Maßgabe des § 13 Abs. 6 SGB XI. Pflegegeld nach § 64a SGB XII für eigene pflegebedürftige Kinder und nach § 39 SGB VIII für die Aufnahme fremder Kinder ist mit seinem im Einzelfall zu bemessenden Vergütungsanteil Einkommen der Pflegeperson.”

Klingt kompliziert? Wir klären auf!

Zum Verständnis muss man wissen, dass es verschiedene Leistungen gibt, die als “Pflegegeld” bezeichnet werden:

1. Pflegegeld für fremde Kinder in einer Kindertagespflege (§ 39 SGB VIII).

Dieses Pflegegeld gilt sowohl der Förderung des Kindes als auch als Anerkennung für die Pflegeperson. Dieser zuletzt genante “Erziehungsanteil” wird bei der Pflegeperson als Einkommen angerechnet. Manchmal ergibt sich der Erziehungsanteil aus dem Bewilligungsbescheid des Jugendamts. In anderen Fällen muss er geschätzt werden. Hier ist es so, dass Gerichte verschiedentlich diesen Anteil auf 1/3 des Pflegegelds geschätzt haben.

2. Pflegegeld nach der Pflegeversicherung, das an den Pflegebedürftigen selber gezahlt wird.

Hier muss man unterscheiden:

a) Beim Pflegebedürftigen selbst wird das Pflegegeld nicht als Einkommen angerechnet. Hier geht das Gesetz davon aus, dass das Pflegegeld nur die Mehrkosten des Pflegebedürftigen abdeckt (§ 1610a BGB).

b) Wenn der Pflegebedürftige häuslich gepflegt wird und einen Teil des erhaltenen Pflegegelds an eine Pflegeperson weitergibt, kann es bei dieser Pflegeperson das Pflegegeld als Einkommen angerechnet werden (§ 13 Abs. 6 SGB XI).

Das gilt insbesondere dann, wenn die Pflegeperson einem minderjährigen Kind unterhaltspflichtig ist und ohne Anrechnung des Pflegegelds nicht einmal den Mindestunterhalt zahlen könnte.

Außerdem dann, wenn die Pflegeperson gegen ihren Ehegatten Ansprüche auf Trennungsunterhalt oder auf nachehelichen Unterhalt geltend macht, erwerbsfähig ist UND der andere Ehegatte nicht in gerader Linie mit dem Pflegebedürftigen verwandt ist. Die Anrechnung als Einkommen erfolgt also z.B. nicht, wenn die unterhaltsbedürftige Ehefrau ein gemeinsames behindertes Kind pflegt. Die Anrechnung erfolgt auch dann nicht, wenn die unterhaltsbedürftige Ehefrau einen Elternteil des Ehemanns pflegt. Anders ist es aber, wenn die Ehefrau einen eigenen Elternteil pflegt. Da dieser Elternteil mit dem anderen Ehegatten nicht in gerader Linie verwandt ist, wird das weitergeleitete Pflegegeld als Einkommen angerechnet. Dasselbe gilt, wenn die Ehefrau ein behindertes Kind aus erster Ehe pflegt.

Auch hier wird der Anteil, der an die Pflegeperson weitergeleitet wird, von Gerichten (und auch in der Fachliteratur) manchmal auf 1/3 des Pflegegeldes geschätzt. Im konkreten Einzelfall steht aber die Möglichkeit offen, nachzuweisen, dass der Anteil geringer ist.

3. Schließlich gibt es das staatliche Pflegegeld als “Hilfe zur Pflege”, praktisch als (ergänzende) Sozialhilfe.

Diese Hilfe zur Pflege nach § 64a SGB XII wird geleistet, wenn ausnahmsweise keine Pflegeversicherung vorliegt oder die Leistungen der Pflegeversicherung nicht ausreichen. Letzteres ist meistens bei schwer pflegebedürftigen Kindern der Fall. Hier gilt dasselbe wie oben zu Ziffer 1.: in Höhe desjenigen Betrags, der den Bedarf des pflegebedürftigen Kindes übersteigt, zählt Pflegegeld als Einkommen. Dieser Anteil wird ebenfalls mitunter pauschal auf 1/3 des Pflegegeldes geschätzt. Eventuell auch mehr, wenn die Pflegeperson für das zu pflegende Kindes das staatliche Kindergeld bekommt.