Unterhalt: Wird das Einkommen des neuen (Ehe-)Partners mitgerechnet?

Beispiel 1:

Der Ex-Ehemann hat ein Nettoeinkommen von 1.900,- Euro. Seine beiden Kinder im Kindergartenalter leben bei der Ex-Frau, die neu verheiratet ist. Ihr neuer Ehemann verdient monatlich 5.000,- Euro netto. Muss der Kindesvater trotzdem den vollen Unterhalt in Höhe von monatlich zusammen 710,- Euro zahlen? 

Ja, der Vater muss den vollen Kindesunterhalt zahlen. Denn der neue Ehegatte ist gegenüber den Kindern seiner Frau aus erster Ehe nicht unterhaltspflichtig. Der neue Ehemann und sein Einkommen haben also auf die Unterhaltshöhe keinen Einfluss.

Beispiel 2:

Die gemeinsamen Kinder leben beim Vater. Die Mutter verdient netto nur 1.250,- Euro. Damit liegt ihr Einkommen unter dem Selbstbehalt von 1.400,- Euro. Allerdings hat ihr neuer Ehemann ein Nettoeinkommen von 5.000,- Euro monatlich. Muss die Mutter also trotzdem Kindesunterhalt zahlen?

Hier sind zwei Fragen zu klären:

1. Ist der Unterhaltsanspruch der Mutter gegen ihren neuen Mann als Einkommen anzurechnen?

2. Kann sich die Mutter auf den Selbstbehalt von 1.400,- Euro berufen?

Zu 1.: Zählt Unterhalt als Einkommen?

Das kommt darauf an, ob dieser Unterhalt in Geld geschuldet wird oder nicht. Trennungsunterhalt und nachehelicher Unterhalt sind in Geld zu leisten. Solche Unterhaltsansprüche zählen also als Einkommen.

Anders ist es aber mit dem Familienunterhalt, also dem Unterhalt, den zusammenlebende Eheleute einander schulden. Dieser Unterhalt wird nicht in Geld geschuldet, sondern in Naturalien. Bei zusammenlebenden Ehegatten zahlt derjenige Ehegatte, der mehr verdient als der andere, oder der vielleicht sogar der Alleinverdiener ist, in der Regel keinen Unterhalt an den anderen Ehegatten. Sondern der besser verdienende Ehegatte zahlt die Miete, die Energiekosten und vieles andere. Er leistet also Naturalunterhalt. Die Ehefrau kann im Beispielsfall von ihrem neuen Mann daher keinen monatlichen Geldbetrag als Unterhalt verlangen, sondern “nur”, dass er für ihre Lebenshaltungskosten aufkommt. Deshalb ist Familienunterhalt nicht als Einkommen anzurechnen.

Etwas anderes gilt für den Anspruch auf Taschengeld (Taschengeldanspruch).  Bei zusammenlebenden Ehegatten stehen jedem Ehegatten 5% des gemeinsamen Einkommens als Taschengeld zu. Bei sehr guten finanziellen Verhältnissen können es auch bis zu 7%  sein. Unterhaltsbeträge für Kinder sind vorab abzuziehen.

Beispiel:

Der Ehemann verdient netto 3.500,- Euro, die Ehefrau hat kein Einkommen. Im Haushalt lebt ein gemeinsames Kind von 6 Jahren. Das Gesamteinkommen der Eheleute beträgt 3.500,- Euro. Davon gehen 500,- Euro für das Kind ab, bleiben 3.000,- Euro. 5% davon sind 150,- Euro, die jeder Ehegatte für sich als Taschengeld ausgeben darf .Der Ehemann muss seiner Frau also zusätzlich zum Haushaltsgeld 150,- Euro Taschengeld geben. 

Da dieses Taschengeld tatsächlich ausgezahlt werden muss, bildet es beim berechtigten Ehegatten Einkommen, das in die Unterhaltsberechnung einfließt.

Wichtig: Auf den Taschengeldanspruch wird das eigene Einkommen angerechnet!  Hätte im Beispielsfall die Ehefrau eigenes Einkommen von 500,- Euro, so würde ihr also kein Taschengeldanspruch zustehen.

Beispiel: 

Der Ehemann verdient netto 3.500,- Euro, die Ehefrau verdient netto 500,- Euro. Im Haushalt lebt ein gemeinsames Kind von 6 Jahren. Das Gesamteinkommen der Eheleute beträgt 4.000,- Euro. Davon gehen 600,- Euro für das Kind ab (dessen Bedarf durch das höhere Einkommen der Eltern auch etwas höher ist als im ersten Beispiel). Es bleiben 3.400,- Euro. 5% davon sind 170,- Euro. Da die Ehefrau aber bereits 500,- Euro selber verdient, nimmt sie ihr Taschengeld aus diesem Verdienst und hat keinen Anspruch mehr gegen ihren Mann.  

Ein Taschengeldanspruch gegen den anderen Ehegatten kommt deshalb praktisch nur dann in Betracht, wenn einer der Ehegatten kein eigenes Einkommen hat.

Zu 2.: Mangelfall trotz guten Einkommens des neuen Ehegatten?

Ein Mangelfall liegt vor, wenn der Unterhaltspflichtige denjenigen Unterhalt, den er eigentlich rechnerisch zahlen müsste, nicht zahlen kann, weil er sonst seinen Selbstbehalt unterschreiten würde (siehe das Kapitel: “Bestimmte Beträge müssen dem Unterhaltspflichtigen verbleiben.” ). Lebt der Unterhaltspflichtige mit einem Partner in einer Wirtschaftsgemeinschaft, kann diese Selbstbehaltsgrenze aber abgesenkt werden. Das hat dann zur Folge, dass mehr Unterhalt gezahlt werden kann.

Beispiel:

Der Ex-Mann verdient netto 2.200,- Euro, die Ex-Frau nichts. Der Mann müsste ihr also eigentlich 45% von 2.200,- Euro = 990,- Euro als Ehegattenunterhalt zahlen. Dann blieben ihm aber nur noch 1.210,- Euro übrig, also weniger als sein Selbstbehalt von 1.600,- Euro. Um diesen Selbstbehalt nicht zu unterschreiten, kann er also maximal 600,- Euro zahlen. Er zahlt also weniger, als er “eigentlich” zahlen müsste. Es liegt ein so genanter “Mangelfall” vor.

Wenn dieser Ex-Mann nun eine Frau heiratet, die selbst ein mindestens durchschnittliches Einkommen (mindestens über dem Sozialhilfeniveau) hat, dann kann man den Selbstbehalt des Ex-Mannes reduzieren. Denn die eigenen notwendigen Lebenshaltungskosten sind durch das  beim Zusammenleben mit einem neuen Partner geringer, weil der neue Partner selbst verdient und sich an den gemeinsamen Lebenshaltungskosten beteiligt. Mit anderen Worten: durch den mitverdienenden Ehegatten braucht der Unterhaltspflichtige keinen Selbstbehalt in voller Höhe. Die Rechtsprechung mindert den Selbstbehalt in diesen Fällen um 10%, also von 1.600,- Euro auf auf  1.440,- Euro.

Für unseren Beispielsfall bedeutet das: der Ehemann hat nur noch einen Selbstbehalt von 1.440,- Euro, kann also jetzt 760,- Euro zahlen. Der Ex-Mann muss also infolge der Heirat nicht mehr zahlen, als er ohnehin eigentlich zahlen müsste (das wären ja wie oben errechnet 990,- Euro monatlich). Es ist ihm aber nun möglich, von diesem Betrag einen größeren Anteil auch wirklich zu zahlen.

Hat beim Kindesunterhalt der unterhaltspflichtige Elternteil nur Einkommen unterhalb des notwendigen Selbstbehalts von 1.400,- Euro, sein Ehegatte aber ein gutes bis sehr gutes Einkommen, so kann es gerechtfertigt sein, den Selbstbehalt des unterhaltspflichtigen Elternteils völlig fallen zu lassen. Denn dann werden dessen Lebenshaltungskosten ja bereits durch den Ehegatten abgedeckt. Das Einkommen kann dann in voller Höhe für den Kindesunterhalt herangezogen werden.

Beispiel:

Der Vater betreut die Kinder aus der geschiedenen Ehe. Die Mutter hat ein Nettoeinkommen von nur 800,- Euro, ist aber neu verheiratet. Ihr Ehemann verdient monatlich netto 4.000,- Euro. Hier ist davon auszugehen, dass der Ehemann die Lebenshaltungskosten der Kindesmutter trägt. Bei der Mutter ist deshalb kein Selbstbehalt anzusetzen, vielmehr kann und muss sie die vollen 800,- Euro für den Kindesunterhalt verwenden.

Lebt der Unterhaltspflichtige mit einem volljährigen Kind zusammen, so ist in der Regel keine Herabsetzung des Selbstbehalts gerechtfertigt, selbst wenn das volljährige Kind eigenes Einkommen hat. Denn in der Regel besteht zwischen einem volljährigen Kind und seinem Elternteil keine Wirtschaftsgemeinschaft. Anders ist es dann, wenn das Kind Zahlungen leistet, die über den Betrag für Kost und Logis hinausgehen (OLG Köln FamFR 2013,275).