Wenn zusätzliche Kosten “außer der Reihe” anfallen, reichen die Regelsätze der Düsseldorfer Tabelle für den Bedarf eines Kindes oft nicht aus. Dazu zählen z.B. Kindergartengebühren oder Gebühren einer Ganztagsschule, Therapiekosten, die die Krankenkasse nicht übernimmt, Studiengebühren, Nachhilfeunterricht oder Klassenfahrten.

Bei solchen Kosten kann es sich um “Mehrbedarf” oder um “Sonderbedarf” handeln.

“Mehrbedarf” liegt vor, wenn Kosten regelmäßig anfallen und das Übliche derart übersteigen, dass sie mit den Regelsätzen nicht erfasst werden können. Typisches Beispiel sind Kindergartengebühren oder Therapiekosten (BGH FamRZ 2013,1563).
“Sonderbedarf” ist ein unregelmäßiger, außergewöhnlich hoher Bedarf, der nur einmalig oder für eine absehbare, begrenzte Zeit vorliegt. Typisches Beispiel sind Klassenfahrten.

Mehrbedarf und Sonderbedarf unterscheiden sich also darin, dass Mehrbedarf für einen längeren Zeitraum anfällt, während Sonderbedarf im Wesentlichen einmalige Ausgaben betrifft.

Sowohl Mehrbedarf als auch Sonderbedarf kann zusätzlich zum normalen Regelbedarf gefordert werden. Allerdings haften grundsätzlich beide Eltern anteilig für den Mehrbedarf bzw. den Sonderbedarf, also auch der betreuende Elternteil. Das gilt auch bei minderjährigen Kindern.

Die Unterscheidung von Mehrbedarf und Sonderbedarf ist (nur) dann wichtig, wenn rückwirkend Unterhalt verlangt wird. Eine rückwirkende Forderungen ist nämlich nur beim Sonderbedarf problemlos möglich. Beim Mehrbedarf dagegen ist eine Forderung für die Vergangenheit nur möglich ab dem Zeitpunkt, seitdem sich der Unterhaltspflichtige in Verzug befindet oder zu dem er zu einer Auskunft über sein Einkommen aufgefordert wurde.

Beispiel: Das bei der Mutter lebende minderjährige Schulkind nimmt seit November 2013 Nachhilfestunden. Im Februar 2014 wendet sich die Mutter deshalb erstmals an den Kindesvater und fordert ihn auf, sich rückwirkend ab November 2013 an den Kosten der Nachhilfe zu beteiligen.
Nun kommt es darauf an: Wird die Nachhilfe voraussehbar nur für einen kurzen Zeitraum benötigt, um nicht gelernte Unterrichtsinhalte nachzulernen, so handelt es sich um Sonderbedarf, Die Mutter kann in diesem Fall die Beteiligung des Vaters rückwirkend ab November 2013 fordern. Ist die Nachhilfe allerdings nötig, weil sich eine Lernschwäche des Kindes gezeigt hat, und ist die Nachhilfe deshalb voraussichtlich für einen recht langen Zeitraum nötig, so handelt es sich um Mehrbedarf. In diesem Fall hätte die Mutter die Beteiligung des Vaters sofort im November fordern müssen. Da sie das nicht getan hat, kann sie die Beteiligung erst ab Februar 2014 fordern.

Falls es bereits einen Titel über den Kindesunterhalt gibt (z.B. eine Gerichtsentscheidung, einen gerichtlichen Vergleich oder eine Jugendamtsurkunde), so ist die Unterscheidung ebenfalls wichtig: Sonderbedarf kann zusätzlich beim Gericht beantragt werden, während bei Mehrbedarf der bestehende Unterhaltstitel durch eine Abänderungsklage angepasst werden muss.

Weitere Einzelheiten zum Sonderbedarf bei Kindern erfahren Sie im Kapitel “Sonderbedarf bei Kindern”.