Liegt ein Mangelfall vor und gibt es mehrere Unterhaltsberechtigte, so ist zunächst zu prüfen, ob einer der Unterhaltsberechtigter dem oder den anderen Unterhaltsberechtigten im Rang vorgeht. Ist das der Fall, so ist dessen Unterhaltsanspruch vorrangig zu befriedigen.

Beispiel: Der unterhaltspflichtige Ehemann verdient netto anrechenbar 2.500,- €. Er schuldet zwei Kindern im Alter von 2 und 7 Jahren Unterhalt. Außerdem seiner Ehefrau, die kein eigenes Einkommen hat, aber das Kindergeld bezieht. Laut Düsseldorfer Tabelle (2025) schuldet er den Kindern jeweils nach Abzug des haben Kindergelds 357,- € bzw. 429,- € Kindesunterhalt, zusammen also 786,- €. Der Unterhaltsanspruch der Ehefrau würde sich auf (2.500,- € ./. 786,- €) x 45% = 771,- € belaufen. Angesichts seines Selbstbehalts von 1.450,- € gegenüber den Kindern bzw. 1.600,- € gegenüber der Ehefrau kann der Ehemann aber nicht alle Unterhaltspflichten bezahlen. Da die Kinder im Rang vorgehen, ist erst einmal ihr Unterhalt voll zu zahlen, zusammen also 786,- €. Dem Ehemann bleiben nach Abzug dieses Kindesunterhalts dann noch 1.714,- € übrig. Da sein Selbstbehalt gegenüber der Ehefrau bei 1.600,- € liegt, kann und muss er ihr nur noch Ehegattenunterhalt in Höhe von monatlich 114,- € zahlen. Der Vorrang der Kinder wirkt sich also so aus, dass die Kinder den vollen Unterhalt bekommen, während die Mutter noch dasjenige bekommt, was übrig bleibt.

Weiteres Beispiel: Die kinderlosen Eheleute leben nach zwei Jahren Ehe getrennt. Der Ehemann hat eine neue Beziehung, aus der ein Kind hervorgegangen ist. Zunächst einmal muss Unterhalt für das Kind gezahlt werden (1. Rang). Sodann muss Unterhalt für die Mutter des nichtehelichen Kindes gezahlt werden (2. Rang). Erst dann ist die Ehefrau dran (3. Rang), falls dann beim Ehemann noch Geld oberhalb des Selbstbehalts übrig ist.

Gibt es innerhalb einer Rangstufe mehrere Unterhaltsberechtigte, reicht aber das (restliche) Geld nicht für alle Unterhaltsberechtigten dieser Rangstufe aus, so ist eine Mangelfallberechnung vorzunehmen. Dabei wird das restliche noch zur Verfügung stehende Geld zwischen den mehreren Unterhaltsberechtigten aufgeteilt. Das “restliche noch zur Verfügung stehende Geld” ist der Betrag oberhalb des Selbstbehalts, der nach Abzug eventuell vorrangiger Unterhaltspflichten noch übrig ist.

Beispiel: Der Vater verdient netto monatlich 2.300,- €. Er hat aus der Ehezeit noch anrechenbare Schulden von 200,- € monatlich. Er hat ein 15-jähriges Kind aus erster Ehe und ein 9-jähriges Kind aus zweiter Ehe. Nach der Düsseldorfer Tabelle (2025) müsste er 524,- € bzw. 429,- € Kindesunterhalt zahlen, zusammen also 953,- €. Da er aber einen Selbstbehalt von 1.450,- € hat, kann er von seinem Resteinkommen von 2.100,- € nur 650,- € Kindesunterhalt zahlen. Deshalb liegt ein “Mangelfall” vor.

Beim Mangelfall wird das zur Verfügung stehende Geld auf die mehreren Unterhaltsberechtigten verteilt. Aber nicht etwa einfach zu gleichen Teilen. In unserem Beispielsfall bekommt also nicht etwa jedes der beiden Kinder die Hälfte der zu verteilenden 650,- €. Vielmehr wird der Unterhaltsanspruch aller Berechtigter um den gleichen Prozentsatz gekürzt.

Dabei geht man wie folgt vor: Der unterhaltspflichtige Vater müsste eigentlich wie oben errechnet insgesamt 953,- € zahlen, kann aber nur 650,- € zahlen. Das sind rund 68%. Also werden beide Unterhaltsansprüche auf 68% gekürzt. Der Vater zahlt also an das ältere Kind 524,- € x 68% = 358,- €, für das jüngere Kind 403,- € x 68% = 292,- €. Zusammen sind das genau 650 €.