Wann kommt es zu einer Verringerung des Selbstbehalts?

In manchen Fällen wird der Selbstbehalt, also derjenige Betrag, der dem Unterhaltsschuldner auf jeden Fall übrig bleiben muss, gekürzt. Insbesondere geht es um folgende Fallgruppen:

1. Verringerung des Selbstbehalts wegen Zusammenlebens mit einem neuen Partner

Lebt der Unterhaltspflichtige mit einem neuen Partner zusammen, so kommt eine Reduzierung des Selbstbehalts wegen der Ersparnisse durch die gemeinsame Haushaltsführung in Betracht. Denn zu zweit wirtschaftet man nun mal günstiger, als wenn beide Partner allein leben würden. Es ist dann also gerechtfertigt, dem Unterhaltspflichtigen einen geringeren Betrag für sich selbst übrig zu lassen.

In solchen Fällen kann man den Selbstbehalt um 10% kürzen (OLG Nürnberg FF 2015,2011), außerdem noch um die Hälfte der im Selbstbehalt jeweils berücksichtigten Miete (OLG Schleswig NZFam 2015,364). Bei hohen Wohnkosten kann die Höhe der ersparten Mietkosten aber auch geringer anzusetzen sein.

Voraussetzung ist aber, dass der neue Partner überhaupt so hohe Einkünfte hat, dass er sich an den gemeinsamen Lebenshaltungskosten finanziell beteiligen kann. Er muss also – nach Abzug von berufsbedingten Aufwendungen – mehr verdienen, als wenn er Bürgergeld beziehen würde. Hat der Partner dagegen selber nur Einkünfte nach dem SGB II (“Bürgergeld/Hartz 4”) oder aus Sozialhilfe, so kommt eine Herabsetzung des Selbstbehalts beim Unterhaltspflichtigen nicht in Betracht, falls der Unterhaltspflichtige und der Partner in einer so genannten “Bedarfsgemeinschaft” leben (OLG Hamm FamRZ 2010,985).

Lebt der unterhaltspflichtige Vater also mit einer neuen Lebensgefährtin zusammen, die eigenes Einkommen hat, so kann sein angemessener Selbstbehalt von 1.750,- Euro auf 1.575,- Euro und sein notwendiger Selbstbehalt von 1.400,- Euro auf 1.260,- Euro reduziert werden. Beim Ehegattenunterhalt verringert sich der Selbstbehalt entsprechend von 1.600,- Euro auf 1.440,- Euro.

Ist der unterhaltspflichtige Elternteil erneut verheiratet und hat er in der neuen Ehe die Rolle des Hausmanns/Hausfrau übernommen, so ist gar kein Selbstbehalt zu berücksichtigen, falls der Ehegatte ein für beide Eheleute ausreichendes Einkommen hat.

Beispiel: Die Mutter ist ihren Kindern aus erster Ehe unterhaltspflichtig. Sie heiratet erneut und hat ein weiteres Kind unter 3 Jahren. Deshalb geht sie nur noch einem 520,- Euro-Job nach und betreut im Übrigen ihr neues Kind. Ihr neuer Ehemann verdient 2.900,- Euro netto. Ihr steht kein Selbstbehalt zu, das heißt sie muss die 520,- € voll für den Unterhalt ihrer ersten Kinder einsetzen

Denn der laufende Lebensbedarf des Unterhaltspflichtigen wird dann ja bereits durch seinen gut verdienenden Ehegatten abgedeckt.

2. Verringerung des Selbstbehalts wegen geringerer Mietkosten?

In den Selbstbehaltssätzen sind bestimmte Beträge für die Warmmiete enthalten. Beim Kindesunterhalt z.B. ist im notwendigen Selbstbehalt von 1.400,- Euro eine Warmmiete von 520,- Euro enthalten. Was ist, wenn der unterhaltspflichtige Elternteil ausnahmsweise eine geringere Warmmiete als 520,- Euro hat? Reduziert sich der Selbstbehalt dann entsprechend?

Antwort: Grundsätzlich nicht! Denn es steht dem Unterhaltspflichtigen frei, sich eine einfachere, billigere Wohnung zu suchen und das Geld z.B. für Kleidung oder Essen auszugeben (OLG Frankfurt FamRZ 1999,1522; OLG Düsseldorf FamRZ 1999,1020).

Ausnahme: Im Falle einer Unterhaltspflicht gegenüber minderjährigen Kindern (oder gegenüber ihnen gleichgestellten Schülern bis 21 Jahren, die im elterlichen Haushalt leben) kann der Selbstbehalt herabgesetzt werden, wenn dem Unterhaltspflichtigen der Wohnraum von dritter Seite umsonst oder zu einem “Freundschaftspreis” überlassen wird. Typischer Fall: der seinem Kind unterhaltspflichtige Student, der kostenlos bei seinen Eltern wohnt. Es muss aber immer “angemessener” Wohnraum sein. Für einen Studenten oder Auszubildenden ist es nicht unangemessen, wenn er bei seinen Eltern unterm Dach wohnt. Das gilt aber nicht, wenn ein Unterhaltspflichtiger bereits einen selbständigen Lebensstandard erreicht hat. Zieht z.B. ein berufstätiger 40-jähriger nach der Trennung in ein einzelnes Zimmer bei seinen Eltern oder bei Freunden, so ist dies kein angemessener Wohnraum. In der Regel passiert so etwas, weil der Unterhaltspflichtige Geld sparen will. Er gibt sich also mehr oder weniger freiwillig mit einem geringeren Wohnkomfort zufrieden. In diesem Fall ist keine Herabsetzung des Selbstbehalts gerechtfertigt. Gleiches gilt, wenn der Unterhaltspflichtige einen zahlenden Mitbewohner in die Wohnung aufnimmt, die für ihn alleine nicht unverhältnismäßig groß wäre. Zahlt der Unterhaltspflichtige also z.B. 600,- Euro Warmmiete für eine 2-Zimmer-Wohnung mit 66 qm, und nimmt er dann einen zweiten Mitmieter auf, der sich mit 300,- Euro an der Miete beteiligt, so darf dem Unterhaltspflichtigen nicht etwa der Selbstbehalt reduziert werden. Denn er schränkt seinen Wohnkomfort ja freiwillig ein.