Die Umgangskosten und ihre Verteilung

Ein Umgang mit den Kindern verursacht verschiedene Kosten: Fahrtkosten für die Abholung bzw. Rückgabe der Kinder, Verpflegungskosten während des Aufenthalts beim anderen Elternteil, Kosten der Freizeitgestaltung und anderes mehr. Wer muss die Umgangskosten letztlich zahlen?

Die Verpflegungskosten während des Aufenthalts beim anderen Ehegatten sind bereits in die Unterhaltssätze der Düsseldorfer Tabelle eingearbeitet worden. Das gilt jedenfalls für ein “Standard”-Umgangsrecht alle zwei Wochen sowie der Hälfte der Ferien und Feiertage. Der unterhaltspflichtige Elternteil kann den Unterhalt also nicht mit dem Argument kürzen, er müsse ja an 4 oder 5 Tagen pro Monat für die Verpflegung der Kinder aufkommen.

Aber auch die übrigen Umgangskosten trägt der umgangsberechtigte Elternteil. Der andere Elternteil, bei dem das Kind hauptsächlich lebt, braucht sich an den Kosten grundsätzlich nicht zu beteiligen. Er kann sich darauf beschränken, das Kind zum verabredeten Zeitpunkt an der Wohnungstür zu übergeben.

Eine Ausnahme davon gibt es dann, wenn derjenige Elternteil, bei dem das Kind lebt, weit vom anderen Elternteil weggezogen ist.

Beispiel: Die Familie lebte vor der Scheidung in Hamburg. Nach der Scheidung zieht die Mutter mit dem Kind in die Nähe von München, während der Vater in Hamburg wohnen bleibt. Um sein Umgangsrecht wahrnehmen zu können, muss der Vater an den betreffenden Wochenenden nach München reisen, um das Kind abzuholen. Man kann in diesem Fall von der Mutter verlangen, dass sie das Kind auf eigene Kosten zum Hauptbahnhof, zum Flughafen oder zu einem Treffpunkt auf der Autobahn bringt. Das Bundesverfassungsgericht hatte über folgenden Fall zu entscheiden: Die Mutter war mit dem Kind von Berlin nach München weggezogen. Der noch in Berlin lebende Vater musste aus Zeitgründen mit dem Flugzeug nach München fliegen, um sein Kind abzuholen. Das Gericht entschied, dass die Mutter verpflichtet ist, das Kind zum Flughafen zu bringen und auch wieder dort abzuholen (Beschluss vom 5.2.2002 -1 BvR 2029/00).

Können die Umgangskosten vom Einkommen abgezogen werden, wenn der Unterhalt berechnet wird?

Beispiel: Der Kindesvater muss laut Tabelle monatlich 291453,- Euro Unterhalt zahlen. Das Kind ist jedes zweite Wochenende von Freitags bis Sonntags bei ihm. In dieser Zeit wird es natürlich vom Vater verpflegt. Kann der Vater diese Kosten abziehen?

Grundsätzlich: Nein! Die durch den Umgang entstehenden Kosten (Fahrtkosten, Kosten der Verpflegung und der Unterbringung des Kindes) können bei der Berechnung des Unterhalts grundsätzlich nicht vom Einkommen abgezogen werden. Denn diese Kosten sind bei den Unterhaltssätzen der Düsseldorfer Tabelle bereits berücksichtigt worden.

Ausnahmen:
1. Bei überdurchschnittlich hohen Fahrtkosten, die dadurch entstehen, dass das Kind weit weggezogen ist. Dann können Fahrtkosten vom Einkommen abgezogen werden, die den Betrag des halben Kindergeldanteils von 125,- Euro/Monat übersteigen. Abgezogen werden können aber nur die konkreten Mehrkosten, also die Mehrkosten einer Fahrkarte bzw. die zusätzlichen Benzinkosten, aber nicht etwa eine Kilometerpauschale. Wird durch die Fahrtkosten der Selbstbehalt des umgangsberechtigten Elternteils unterschritten, so ist der Selbstbehalt entsprechend zu erhöhen. In anderen Fällen kann bei besonders hohen Fahrtkosten eine Herabstufung in der Düsseldorfer Tabelle vorgenommen werden. Immer ist aber eine Angemessenheitspfüfung vorzunehmen: desto höher das Einkommen des umgangsberechtigten Elternteils ist, desto eher kann man von ihm verlangen, die Fahrtkosten in voller Höhe selbst zu tragen.
2. Dass der umgangsberechtigte Elternteil die Umgangskosten grundsätzlich nicht vom Einkommen abziehen kann, ist ein Problem, wenn durch die Zahlung der hohen Umgangskosten der Selbstbehalt unterschritten wird. Manche Gerichte entscheiden in solchen Fällen, dass die Zahlung des Kindesunterhalts vorgeht. Andererseits ist dem Kindeswohl nicht gedient, wenn infolge der hohen Umgangskosten der Umgang überhaupt nicht mehr stattfinden kann. Hier wird man im Einzelfall die Umstände gegeneinander abwägen müssen, um zu einem angemessenen Ausgleich zu gelangen.
3. Eine weitere Ausnahme vom Grundsatz, dass die Umgangskosten nicht bei der Unterhaltsberechnung berücksichtigt werden können, liegt bei einem so genannten “erweiterten Umgang” vor, also wenn der umgangsberechtigte Elternteil das Kind wesentlich häufiger bei sich hat als es dem “Normalfall” entspricht. Nähere Informationen hierzu erhalten Sie auf unserer Seite “Zum Kindesunterhalt, wenn sich das Kind abwechselnd bei beiden Elternteilen aufhält”.

Kann der Kindesunterhalt für die Zeit gekürzt werden, in der sich das Kind beim umgangsberechtigten Elternteil aufhält?

Häufig stellt sich folgende Frage: Der Vater zahlt Unterhalt für sein bei der Mutter lebendes Kind. Während der Ferien wohnt das Kind zwei Wochen bei ihm. Kann er den Kindesunterhalt für den betreffenden Monat auf die Hälfte reduzieren?

Nein!
Der Kindesunterhalt kann nicht für die Zeiten gekürzt werden, an denen sich das Kind beim Umgangsberechtigten aufhält. Erstens laufen die meisten Kosten ohnehin weiter, egal ob das Kind zu Hause ist oder beim Vater (z.B. anteilige Miete, Nebenkosten, auf den Monat umgelegte Kosten für Kleidung, Schulbedarf etc.). Zweites sind die Kosten, die durch das Kind während des Aufenthalts beim Umgangsberechtigten Elternteil entstehen, bereits in den Sätzen der Düsseldorfer Tabelle eingerechnet. Das gilt auch für (lange) Ferienaufenthalte. Etwas anderes gilt ausnahmsweise nur dann, wenn der umgangsberechtigte Elternteil in so schlechten finanziellen Verhältnissen lebt, dass er sich das Umgangsrecht gar nicht mehr leisten könnte, falls die Kosten nicht bei der Unterhaltsberechnung abgezogen werden könnten.

Ausnahmen von dem Grundsatz, dass der Kindesunterhalt nicht für die Zeiten gekürzt werden darf, in denen sich das Kind beim unterhaltspflichtigen Elternteil aufhält, können vorliegen, wenn sich das Kindwesentlich häufiger beim anderen Elternteil aufhält, als es bei einem “normalen” Umgangsrecht üblich ist. Nähere Informationen hierzu erhalten Sie auf unserer Seite ““Zum Kindesunterhalt, wenn sich das Kind abwechselnd bei beiden Elternteilen aufhält.”

Umgangsrecht und Hartz 4:

Wenn der umgangsberechtigte Elternteil Leistungen nach dem SGB II (“Hartz 4”) bezieht, dann kann er vom Jobcenter einen Zuschuss zu den Kosten des Umgangs erhalten (Verwaltungsgericht Schleswig, NJW 2003, 79).

Eine weitere Möglichkeit besteht darin, dass für das Kind für die Dauer seines Aufenthaltes beim SGB-II-beziehenden Elternteil tageweise Sozialgeld gezahlt wird. Den Antrag kann der “Besuchs”-Elternteil selbst stellen (BSG FamRZ 2014,126).