Wechselmodell: Unterhalt richtig berechnen

Wechselmodell: Unterhalt richtig berechnen

Wechselmodell

Zur Unterhaltsberechnung, wenn das Kind sich je zur Hälfte bei beiden Elternteilen aufhält (“Wechselmodell”):

Ein Wechselmodell liegt nach der BGH-Rechtsprechung vor, wenn kein Elternteil wesentlich mehr Betreuungsleistungen für das Kind erbringt als der andere Elternteil. Der Betreuungsaufwand muss annähernd gleich verteilt sein. Kleinere Abweichungen von der “mathematischen” Hälfte der Betreuungszeit sind hinnehmbar. Allerdings liegt kein Wechselmodell vor, wenn der Vater z.B. das Kind an 12 Tagen im Monat bei sich hat, die Mutter aber an 18 Tagen und damit wesentlich häufiger als der Vater. In einem solchen Fall spricht man vielmehr von einem “erweitertem Umgang”.

Auch dann, wenn beide Eltern gleich viel Zeit mit der Betreuung des Kindes verbringen, liegt nur dann ein echtes Wechselmodell vor, wenn auch die Verantwortung für die Sicherstellung der Betreuung bei beiden Eltern liegt (OLG Frankfurt/M., FamRZ 2014,46). Das ist nicht der Fall, wenn sich letztlich doch (nur) die Mutter um das Kind kümmern muss, falls dieses krank wird oder der Vater unerwartet Überstunden machen muss usw. In einem solchen Fall bildet nur der Haushalt der Mutter einen verlässlichen Lebensmittelpunkt für das Kind.

Von einem echten Wechselmodell kann man also nur sprechen, wenn auch der Vater Arbeitseinsätze ablehnen kann, die in die Betreuungszeit fallen, bzw. er bei Krankheit des Kindes Urlaub nehmen kann (und dies auch wirklich tut).

Ein echtes Wechselmodell liegt auch dann nicht vor, wenn es letztlich doch allein die Mutter ist, die sich um die Beschaffung von Kleidung und Schulsachen kümmern muss und das Kind zum Schul- oder Musikunterricht bringt (BGH FamRZ 2014,917).

Ein Wechselmodell bedeutet nicht, dass keiner der Eltern mehr Kindesunterhalt zahlen muss!

Liegt ein echtes Wechselmodell vor, so führt dies nicht etwa dazu, dass keiner der beiden Elternteile mehr Kindesunterhalt an den anderen Elternteil zahlen müsste. Diese Lösung ist nämlich nur dann gerecht, wenn beide Elternteile praktisch genau das gleiche anrechenbare Nettoeinkommen haben. In der Praxis haben die beiden Eltern aber meistens unterschiedliche anrechenbare Einkünfte, z.B. weil einer der Eltern mehr verdient als der andere und/oder weil einer von beiden z.B. deutlich höhere Fahrtkosten zur Arbeit und zurück hat als der andere. In diesen Fällen ist es nur gerecht, wenn derjenige Elternteil mit dem höheren Einkommen auch einen höheren Anteil am Kindesunterhalt leistet. Dartaus folgt: Beim Wechselmodell muss jeder Elternteil dem Kind Unterhalt für die Hälfte des Monats leisten, wenn das Kind bei ihm lebt. Außerdem muss der Elternteil mit dem höheren anrechenbaren Nettoeinkommen immer noch zusätzlich einen gewissen monatlichen Betrag als Unterhalt an den anderen Elternteil zahlen.

Die Berechnung der jeweiligen Unterhaltsanteile der Eltern:

Dass Wechselmodell ist nicht im Gesetz geregelt. Die Rechtsprechung hat aber bestimmte Regelungen für den Unterhalt beim Wechselmodell erarbeitet (z.B. BGH NZFam 2015,166).

Am Einfachsten ist es, wenn man in drei Schritten vorgeht:

Zuerst wird berechnet, wie viel Geld für das Kind insgesamt während des ganzen Monats zur Verfügung stehen muss, mit anderen Worten welchen monatlichen Gesamtbedarf das Kind hat.

Sodann wird dieser Gesamtbedarf auf beide Eltern aufgeteilt.

Zum Schluss wird dann noch das Kindergeld verrechnet.

Wir zeigen Ihnen die einzenen Schritte:

(1) Zur Berechnung des monatlichen Gesamtbedarf eines Kindes wird zunächst das Einkommen beider Eltern zusammenaddiert. Anhand des Ergebnisses wird der Unterhaltsbedarf des Kindes in der Düsseldorfer Tabelle abgelesen. Auf diesen Unterhalt wird ein bestimmter Betrag aufgeschlagen, wenn es infolge der gemeinsamen Betreuung zu Mehrkosten kommt. Solche Mehrkosten können z.B. dadurch entstehen, dass in beiden Elternwohnungen jeweils ein Kinderzimmer vorgehalten werden muss. Auch höhere Fahrtkosten oder die Notwendigkeit, bestimmte Dinge doppelt anzuschaffen, können Mehrkosten darstellen. Auf diese Weise erhält man einen bestimmten “Betrag X”.

Beispiel: Unterhaltsberechnung für ein 8-jähriges Kind.

Angenommen, der Vater verdient netto 2.000,- €, die Mutter netto 3.000,- €. Zusammen sind dies 5.000,- €. Bei einem Einkommen von 5.000,- € beträgt nach der Düsseldorfer Tabelle (Stand 2025, Stufe 9) der monatliche Unterhaltsbedarf 843,- €. Da bei beiden Eltern ein Kinderzimmer vorhanden ist, was zu Mehrkosten von z.B. geschätzten 150,- € führt, wird dieser Betrag aufgeschlagen. Der monatliche Bedarf des Kindes liegt also bei 993,- €.

(2) Dieser Unterhaltsbedarf – in unserem Beispielsfall also 993,- € – wird sodann auf beide Eltern aufgeteilt. Aber nicht etwa 50:50, sondern im Verhältnis der “freien” Einkünfte jeden Elternteils. “Frei” – nämlich frei zur Verwendung als Unterhalt – ist derjenige Teil des Einkommens, der über dem so genannten angemessenen Selbstbehalt von 1.750,- € liegt.

In unsererm Beispielsfall sind das beim Vater 250,- €, bei der Mutter 1.250,- €. Diese beiden Einsatzbeträge werden nun miteinander ins Verhältnis gesetzt: Der Gesamtbetrag beider Einsatzbeträge liegt bei 1.500,- €. Der Anteil des Vaters daran (250,- €) liegt bei rund 17%, der Anteil der Mutter (1.250,- €) dementsprechend bei rund 83%.

Diese Werte bedeuten: Der Vater muss sich mit 17% am Gesamtbedarf des Kindes beteiligen, die Mutter mit 87%.

17% vom Gesamtbedarf i.H.v. 993,- € sind 169,- €.

83% vom Gesamtbedarf i.H.v. 993,- Euro sind 824,- €.

Nun muss man berücksichtigen, dass das Kind beim Wechselmodell ja bei jedem Elternteil die Hälfte des Monats lebt. Wenn – wie im Beispielsfall – der monatliche Gesamtbedarf des Kindes beio 993,- € liegt, müssen also bei jedem Elternteil 496,50 € für den Kindesunterhalt zur Verfügung stehen.

Die Mutter muss in unserem Beispielsfall einen Anteil von 824,- € leisten. Davon gibt sie bereits 496,50 € während der Zeit aus, in der dass Kind bei ihr lebt. Die Differenz von 327,50 € muss sie als Kindesunterhalt an den Vater zahlen. Dem Vater stehen dann insgesamt zur Verfügung: die 169,- €, die er selber leisten muss (s.o.) plus die Zahlung der Mutter i.H.v. 327,50 €. Insgesamt also ebenfalls 496,50 €

(3) Zuletzt ist wie gesagt das staatliche Kindergeld zu teilen. Dieses staatliche Kindergeld von 255,- € monatlich (Stand 2025) zerfällt in zwei Teile:

Die eine Hälfte des Kindergelds, also 127,50 €, dient als kleiner Ausgleich für die Betreuungsleitung. Da beim Wechselmodell beide Eltern die gleiche Betreuungszeit aufwenden, steht diese Hälfte des Kindergelds also beiden Eltern zu gleichen Teilen zu. Mit anderen Worten: jeder hat Anspruch auf einen Anteil von 63,75 €

Die andere Hälfte des Kindergelds dient zur Deckung des Unterhaltsbedarfs des Kindes. Der im Beispielsfall eingangs ermittelte Unterhaltsbedarf des Kindes von 933,- € wäre also eigentlich um 127,50 € zu kürzen. Die einfachste Methode, um auf das mathematisch richtige Ergebnis zu kommen, besteht darin, dass diese Kindergeld-Hälfte mit denselben Prozentsätzen wie oben auf die Eltern verteilt wird. In unserem Beispielsfall stehen den Eltern also folgende Anteile an dieser Kindergeldhälfte zu:

dem Vater 17% von 127,50 = rund 21,50 €

der Mutter 83% von 127,50 = rund 106,- €

Auf die Gesamtrechnung hat das folgenden Einfluss: Bekommt derjenige Elternteil das Kindergeld, der nach der Berechnung oben unter (2) dem anderen Elternteil den Differenz-Unterhaltsbetrag zahlen muss, so müssen die beiden Kindergeld-Anteile des anderen Elternteils noch zusätzlich gezahlt werden.

Falls in unserem Beispielsfall die Mutter das Kindergeld bezieht, muss sie also an den Vater folgende Beträge zahlen:

– Kindesunterhalt = 327,50 €

– plus halber Betreuungsanteil des Kindergelds = 63,75 €

– plus Vater-Anteil an der zweiten Kindergeldhälfte i.H.v. 17% = 21,50 €

Insgesamt: 412,75 € an den Vater zu zahlen.

Bekommt umgekehrt derjenige Elternteil das Kindergeld, der nach der Berechnung unter (2) vom anderen Elternteil einen Differenz-Kindesunterhalt bekommt, so werden die Kindergeld-Anteile davon abgezogen.

Falls in unserem Beispielsfall der Vater das Kindergeld bezieht, so rechnen man also:

– 327,50 € Kindesunterhalt von der Mutter

– minus halber Betreuungsgeld-Anteil, der der Mutter zusteht: minus 63,75 €

– minus Mutter-Anteil an der zweiten Kindergeldhälfte: minus 106,- €

Zahlbetrag der Mutter an den Vater insgesamt: 157,75 €.

 

Wichtig:

Die oben stehende Berechnung setzt voraus, dass jeder Elternteil auch wirklich die Hälfte aller Kosten trägt, also dass sich die Eltern auch die Kosten für Kleidung, Spielsachen, Schulbedarf etc. teilen. Trägt dagegen ein Elternteil während der Zeit, in der sich das Kind bei ihm aufhält, nur die Kosten der Ernährung, während der andere Elternteil alleine für Kleidung, Schulbedarf etc. aufkommen muss, so muss die oben dargelegte Berechnung entsprechend angepasst werden.

Im Übrigen setzt die Anrechnung immer voraus, dass sich die Eltern über den Bedarf des Kindes einig sind. Kauft der Vater z.B. eine Jacke für das Kind, obwohl die Mutter der Ansicht ist, das Kind habe gar keine Jacke nötig, so kann der Vater die Kosten der Jacke nicht vom Unterhalt abziehen.

Kann beim Wechselmodell ein Elternteil den anderen Elternteil auf Kindesunterhalt verklagen?

Wenn einer der beiden Eltern nicht seinen Teil zum Kindesunterhalt beiträgt, möchte der andere Elternteil den Kindesunterhalt verständlicherweise einklagen. Das ist aber gar nicht so ohne Weiteres möglich. Denn Unterhalt namens des Kindes einklagen kann grundsätzlich nur derjenige Elternteil, bei dem das Kind überwiegend lebt. Gerade diese Voraussetzung liegt aber beim echten Wechselmodell nicht vor.
Liegt ein Wechselmodell vor und will ein Elternteil Unterhalt für das Kind einklagen, so muss er deshalb zunächst einmal beim Gericht beantragen, entweder ihm für diesen Zweck das alleinige Sorgerecht zu übertragen, oder einen Ergänzungspfleger für das Kind zu bestellen (OLG Hamburg FamRB 2015,89).