Weitere Voraussetzung des nachehelichen Unterhalts: Der Einkommensunterschied beruht ganz oder teilweise auf ehebedingten Nachteilen.

Für den nachehelichen Unterhalt reicht es nicht aus, festzustellen, dass der eine Ehegatte ein geringeres Nettoeinkommen hat als der andere Ehegatte. Ein Unterhaltsanspruch besteht vielmehr grundsätzlich nur dann, wenn dieser Einkommensunterschied auf einem ” ehebedingten Nachteil” beruht.

Beispiel: Während der Ehe waren beide Ehegatten voll berufstätig in ihrem erlernten Beruf. Aus der Ehe sind keine Kinder hervorgegangen. In der Trennungsphase wird die Frau arbeitslos und bleibt es auch nach der Scheidung. Sie hat keinen nachehelichen Unterhaltsanspruch, weil die Arbeitslosigkeit nichts mit der Ehe zu tun hat. Es handelt sich nicht um einen ehebedingten Nachteil, sondern um die Verwirklichung des allgemeinen Lebensrisikos.

Anmerkung: Ob in einem solchen Fall der Unterhaltsanspruch sofort wegfällt, oder erst nach einer Übergangszeit, erfahren Sie hier.

“Ehebedingt” ist der Nachteil, wenn er durch die Eheschließung und durch die Rollenverteilung während der Ehe eingetreten ist. Negativ ausgedrückt: ein beruflich-finanzieller Nachteil ist dann “ehebedingt”, wenn er ohne die Eheschließung (und ohne die Geburt gemeinsamer Kinder) nicht eingetreten wäre.

Die häufigsten Fälle ehebedingter Nachteile sind:
(die folgenden Beispiele gelten natürlich entsprechend auch für Ehemänner)

1. Die Ehefrau kann wegen der Betreuung eines oder mehrerer gemeinsamer Kinder nicht voll berufstätig sein.

2. Die Ehefrau war während einer langjährigen Ehe längere Zeit nicht berufstätig (z.B. wegen Kinderbetreuung). Sie hat ihre Berufskarriere unterbrochen und bekommt deshalb nach dem Wiedereintritt ins Berufsleben nur schlechter bezahlte Jobs.

3. Die Ehefrau hat wegen der Eheschließung (bzw. der Kindererziehung) ihre eigene Berufsausbildung abgebrochen oder eine früher einmal geplante Berufsausbildung gar nicht erst begonnen.

In diesem Fall kann die Ehefrau so genannten “Ausbildungsunterhalt” verlangen. Der Ehemann muss ihr also Unterhalt für die Zeit ihrer nachgeholten Berufsausbildung zahlen.

Ein ehebedingter Nachteil liegt auch dann vor, wenn die Ehefrau bereits eine Berufsausbildung hatte, eine Weiterbildung aber mit Rücksicht auf die Ehe bzw. wegen der Kinder abgebrochen hat. In diesem Fall darf sie die Weiterbildung nach der Trennung bzw. Scheidung fortsetzen (OLG Düsseldorf FamRB 2014,323).

4. Die Ehefrau hat ihrem Mann zuliebe eine Arbeitsstelle aufgegeben, kann am neuen Wohnort aber nichts Gleichwertiges finden.

5. Die Ehefrau ist bereits im Rentenalter. Ihre Rente ist aber u.a. deshalb so gering, weil einer der vorgenannten Tatbestände vorlag.

In diesem Fall wird der ehebedingte Nachteil aber möglicherweise bereits durch den Versorgungsausgleich ausgeglichen, so dass kein Unterhaltsanspruch mehr besteht (BGH NZFam 2018,852).

6. Die Ehefrau ist erwerbsunfähig krank. Sie hat sich die Krankheit durch die Ehe zugezogen (z.B. eine schwere Depression) oder bei der Geburt eines Kindes.

7. Die Ehefrau ist erwerbsunfähig krank. Die Krankheit ist zwar nicht ehebedingt. Ihre Erwerbsunfähigkeitsrente ist aber u.a. deshalb so gering, weil einer der oben genannten Tatbestände während der Ehe vorlag.

Ein “ehebedingter Nachteil” liegt nur dann vor, wenn der Nachteil auf einem Umstand beruht, der während der Ehe eingetreten ist. Die Ehezeit dauert vom Tag der Heirat bis zur Scheidung.
Nachteile, die auf vorehelichen Umständen beruhen, sind dagegen unbeachtlich.

Beispiel: Die späteren Eheleute lebten bereits vor ihrer Heirat zusammen. Während dieser Zeit gab die spätere Ehefrau einen gut bezahlten Job auf, um ihrem damaligen Freund und späteren Ehemann in eine andere Stadt zu folgen. Erst danach haben die beiden geheiratet. Da die Aufgabe des gut bezahlten Jobs vor der Ehe erfolgte, liegt kein ehebedingter Nachteil vor.

Ebenso kann es sich verhalten, wenn gemeinsame Kinder vor der Ehe geboren wurden und die Betreuung der Kleinkinder deshalb ebenfalls bereits vor der Ehe erfolgte. Berufliche Nachteile, die durch diese voreheliche Kinderbetreuung entstanden sind, sind keine ehebedingten Nachteile i.S.d. Unterhaltsrechts (BGH FamFR 2012,199; BGH FamRZ 2012,776)).