In bestimmten Fällen können Teile des Einkommens anrechnungsfrei bleiben, so dass diese Einkünfte nicht mitgerechnet werden. Es handelt sich insbesondere um folgende Fälle:
1) Bei besonders hohen Einkünften.
Man kann davon ausgehen, dass monatliche (Netto-) Einkünfte über 11.000,- Euro monatlich nicht vollständig für den laufenden Unterhalt ausgegeben werden, sondern dass ein Teil davon der Vermögensanlage dient. Der über 11.000,-Euro hinausgehende Teil wird darum regelmäßig nicht mitgerechnet. Derjenige Ehegatte, der trotzdem eine Anrechnung dieses Teils haben möchte, muss beweisen, dass während der Ehe auch der darüber hinausgehende Betrag für Unterhaltszwecke ausgegeben wurde (OLG Köln FamRZ 2002,326).
2) Einkommen aus einer Erwerbstätigkeit, zu der der Betreffende eigentlich gar nicht verpflichtet ist.
Solches Einkommen wird als “überobligatorisches” Einkommen bezeichnet und bleibt ganz oder teilweise anrechnungsfrei.
Beispiele sind:
- Mütter, deren jüngstes Kind jünger ist als drei Jahre, müssen nicht berufstätig sein.
- Rentner, die nach Erreichen der Altersgrenze nicht mehr erwerbstätig sein müssen.
- Schüler und Studenten müssen grundsätzlich nicht nebenher erwerbstätig sein.
- Auch Einkommen aus einer zusätzlichen Nebentätigkeit kann ganz oder teilweise anrechnungsfrei sein. Näheres dazu im Kapitel Nebeneinkünfte.
Haben Personen, die demnach nicht berufstätig sein müssen, trotzdem Erwerbseinkommen, so wird nur ein Teil davon als Einkommen angerechnet.
Es ist also nicht unbedingt so, dass diese Einkünfte völlig unberücksichtigt bleiben. Solche Einkünfte aus “überobligatorischer Tätigkeit” werden in der Regel aber nur teilweise angerechnet. Die Höhe der Anrechnung richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. In der Praxis wird oft pauschal die Hälfte der überobligatorischen Einkünfte angerechnet.
Beispiel: Die Ehefrau versorgt ein aus der Ehe stammendes zweijähriges Kind. Der Ehemann hat ein bereinigtes Nettoeinkommen von 1.900,- Euro (nach Abzug des Kindesunterhalts), die Ehefrau hat kein Einkommen. Sie hat einen Unterhaltsanspruch gegen den Ehemann in Höhe von 3/7 x 1.900,- Euro = ca. 810,- Euro. Obwohl sie nicht dazu verpflichtet ist, nimmt sie einen Halbtagsjob an mit einem Verdienst von monatlich 700,- Euro netto. Hiervon muss sie sich aber, da es sich um “überobligatorische Einkünfte” handelt, nur die Hälfte, also 350,- Euro als Einkommen anrechnen lassen. Sie kann vom Ehemann also noch 3/7 X (1.900 ./. 350) = 3/7 x 1.550,- Euro = ca. 660,- Euro Unterhalt verlangen.
Einkünfte aus überobligatorischer Arbeit werden allerdings u.U. dann in voller Höhe angerechnet, wenn nur dadurch der Mindest-Kindesunterhalt gezahlt werden kann ( = unterster Satz der Düsseldorfer Tabelle).