Müssen Eltern ihrem Kind ein Studium finanzieren?

Ja. Da Eltern ihren Kindern die Finanzierung einer Berufsausbildung schulden, sind Kinder grundsätzlich auch während des Studiums unterhaltsberechtigt. Denn ein Studium ist eine Form von Berufsausbildung. Daraus ergibt sich gleichzeitig die Grenze für einen Unterhaltsanspruch von Studenten. Hat das Kind nämlich vor dem Beginn des Studiums bereits eine andere Ausbildung abgeschlossen, z.B. eine Lehre, so stellt sich die Frage, ob die Eltern zusätzlich noch das Studium finanzieren müssen. Lesen Sie dazu bitte unser Kapitel ▸ “Zweitausbildung

Wann beginnt der Unterhaltsanspruch wegen eines Studiums?

Grundsätzlich beginnt der Unterhaltsanspruch erst in demjenigen Monat, in dem das Erstsemester beginnt. Einem Abiturienten sprechen die Gerichte aber eine bis zu 3-monatige Erholungszeit nach dem Schulende zu. Während dieser Erholungszeit besteht weiterhin eine Unterhaltspflicht der Eltern. Das soll nach der Rechtsprechung aber nicht gelten, wenn vor dem Studium ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) oder gar eine Erwerbstätigkeit liegt. Der Grund für diese Ungleichbehandlung: vom Abitur muss man sich erholen, aber nicht vom FSJ.

Wie hoch ist der Unterhaltsanspruch von Studenten?

Studenten haben nach der Düsseldorfer Tabelle einen einheitlichen Unterhaltsbedarf von 930,- Euro monatlich. Dieser Unterhaltsbedarf ist grundsätzlich unabhängig vom Einkommen der Eltern. Bei sehr guten Einkommensverhältnissen der Eltern – also ab einem zusammenaddierten anrechenbaren monatlichen Nettoeinkommen beider Eltern von zusammen mehr als 5.000,- Euro – kann der Betrag aber erhöht werden.

Zu den 930,- Euro kommen noch die Kosten für die Kranken- und Pflegeversicherung sowie die Studiengebühren hinzu. Ansonsten sind grundsätzlich alle Kosten abgedeckt.

In dem Betrag von 930,- Euro sind bis zu 410,- Euro Warmmiete enthalten. Sollte es absolut nicht möglich sein, für diesen Betrag eine Unterkunft zu mieten, so kann der Betrag von 860,- Euro entsprechend angemessen erhöht werden.

Anrechenbare eigene Einkünfte des Kindes können die Unterhaltsschuld beider Eltern verringern, siehe unten.

Welcher Elternteil schuldet den Unterhalt?

Bei einem Studenten sind beide Eltern unterhaltspflichtig. Näheres erfahren Sie im Kapitel ▸ “Die Aufteilung der Unterhaltspflicht auf beide Eltern”.

Gewisse Beträge müssen jedem unterhaltspflichtigen Elternteil mindestens verbleiben. Zu diesen so genannten Selbstbehaltssätzen ▸ siehe hier.

Eigenes Einkommen des Studenten

Studenten sind grundsätzlich nicht zu einer Erwerbstätigkeit verpflichtet, auch nicht in den Semesterferien. Ausnahmen gelten nur für Praktika und Werksstudenten. Arbeitet ein Student dennoch nebenher, gilt folgendes: ein Teil, mindestens 100,- Euro, bleibt als berufsbedingte Aufwendung anrechnungsfrei. Der darüber hinausgehende Teil wird insoweit nicht angerechnet, als die Eltern nicht den vollen Studentenunterhalt zahlen. Dieser beträgt laut Düsseldorfer Tabelle 930,- Euro (bzw. nach Anrechnung des Kindergelds, das voll an den Studenten auszuzahlen ist, 680,- Euro).

Beispiel: Der Student erhält von seinen Eltern monatlich nur 350,- Euro Unterhalt und außerdem das Kindergeld von 250,- Euro, zusammen also 600,- Euro. Da der Unterhaltsbedarf laut Tabelle eigentlich bei 930,- Euro liegt, erhält er also 330,- Euro zu wenig.

Wenn dieser Student nebenher z.B. 500,- Euro verdient, so wird wie folgt gerechnet:

Erstens bleiben vom Einkommen 100,- Euro als berufsbedingte Aufwendungen anrechnungsfrei.

Zweitens: Von dem Rest (400,- Euro) bleiben außerdem weitere 330,- Euro anrechnungsfrei, also der fehlende Unterhaltsbetrag. Es bleiben 70,- Euro übrig, die nach “Billigkeit” anzurechnen sind, i.d.R. also etwa zur Hälfte. Die Eltern können den Unterhalt also nur um 35,- Euro reduzieren, also von bisher gezahlten 350,- Euro auf 315 Euro.

Selbst diese Kürzung ist aber nur gerechtfertigt, wenn die Eltern bisher tatsächlich finanziell nicht mehr als 350,- Euro Unterhalt zahlen konnten. Sollte es dagegen so sein, dass die Eltern zwar mehr zahlen könnten, das aber einfach nicht gemacht haben, dann wird gar nichts vom Einkommen des Studenten angerechnet.

Sonstige eigene Einkünfte des Kindes (z.B. aus Aktienvermögen oder aus Vermietung) werden in voller Höhe angerechnet.

Wie lange darf das Studium dauern?

Der Unterhaltsanspruch besteht auf jeden Fall für die Dauer der Regelstudienzeit.

Wird die Regelstudienzeit überschritten, so besteht weiterhin ein Unterhaltsanspruch, wenn in dem betreffenden Studienfach die Überschreitung der Regelstudienzeit üblich ist (OLG Schleswig FamRB 2003,176; OLG Hamm FamRZ 1999,886). Deshalb kann z.B. ein Jura-Student auch für das 12. Semester noch Unterhalt verlangen, weil das Studium bei den meisten Jura-Studenten so lange dauert.

Einzelne Gerichte sprechen sogar generell einen Unterhaltsanspruch bis zum 15. Semester zu (OLG Koblenz, NZFam 2015,1064).

Der Unterhaltsanspruch endet grundsätzlich spätestens mit Überschreitung der Förderungshöchstdauer nach dem BAföG (OLG Hamm NJW 1982,2325; OLG Köln FamRZ 1999,1162).

Wird im Einzelfall sogar diese Obergrenze überschritten, so hängt die weitere Unterhaltspflicht davon ab, woran die Überschreitung der Studienzeit liegt. Hat der Student zwischendurch ein “Bummelstudium” betrieben, so kann er keinen weiteren Unterhalt verlangen. Anders ist es, wenn das Studium durch sinnvolle, wenngleich nicht unbedingt nötige Ausbildungsmaßnahmen verlängert wurde, z.B. durch ein Auslandssemester. Erst recht besteht die Unterhaltspflicht natürlich weiter, wenn das Studium infolge Krankheit unterbrochen werden musste. Zur einer unschädlichen Verlängerung des Studiums kann es auch dadurch kommen, dass der Student nebenher arbeiten musste, weil die Eltern den Unterhalt nicht zahlten.

Für eine Promotion kann in der Regel kein Unterhalt verlangt werden.

Bis zum 2. oder 3. Semester können Studenten die Fachrichtung wechseln, ohne den Unterhaltsanspruch zu verlieren, wenn sich herausstellt, dass die erste Studienwahl falsch war (OLG Brandenburg NZFam 2014,857).

Wird das Studium erst nach längerer Zeit nach der Schule aufgenommen, liegt ein verzögerter Ausbildungsbeginn vor. Wie sich dies auf den Unterhaltsanspruch auswirkt, erfahren Sie im Kapitel ▸ “Kindesunterhalt bei Ausbildungsverzögerung.”

Masterstudiengang

Ob eine Unterhaltspflicht für ein Masterstudium im Anschluss an einen Bachelor-Studiengang besteht, ist umstritten.

Einzelne Gerichte bejahen generell eine Unterhaltspflicht für die Zeit eines Masterstudiengangs (OLG Koblenz NZFam 2015/1064). Die meisten Gerichte stellen indes darauf ab, ob zwischen dem Bachelor- und dem Masterstudium ein enger zeitlicher und inhaltlicher Zusammenhang besteht (OLG Celle FamRZ 2010,1456; OLG Brandenburg FamRZ2011,1067).

Zweitstudium

Zur Frage des Zweitstudiums oder des Studiums nach einer abgeschlossenen Lehre lesen Sie bitte das Kapitel ▸ “Wann schulden Eltern eine Zweitausbildung?”

Unterhalt nach Ende des Studiums

Nach Beendigung des Studiums müssen ehemalige Studenten innerhalb einer Bewerbungsfrist von 3 Monaten eine Erwerbstätigkeit aufnehmen. Das gilt auch, wenn sie das Studium abgebrochen haben. Wenn sie keine Anstellung in ihrem Studienfach finden, müssen sie nach Ablauf der 3-Monatsfrist auch andere Tätigkeiten aufnehmen, notfalls auch Hilfsarbeiten.

Lang verzögerter Studienbeginn

Liegt zwischen dem Ende der Schulzeit und dem Beginn des Studiums eine besonders lange Zeit (zwei Jahre oder mehr), so beschränkt sich der Unterhaltsanspruch eventuell wegen ▸ verzögertem Ausbildungsbeginn.