Solange das volljährige Kind noch zur Schule geht, ist grundsätzlich ein Unterhaltsanspruch gegeben. Das gilt nicht nur dann, wenn das Kind auf eine allgemeinbildende Schule geht (z.B. Gymnasium), sondern auch für den Besuch eines Berufskollegs, einer Fachschule o.ä. Bei diesen “anderen” Schulformen ist aber immer zu prüfen, ob dieser Schulbesuch einer angemessenen und den Neigungen und Fähigkeiten des Kindes entsprechenden Berufsausbildung dient.

Für die Dauer des Schulbesuchs ist das Kind in der Regel nicht verpflichtet, nebenher erwerbstätig zu sein.
Bei Kindern mit eigenem Hausstand gelten die pauschalen Bedarfssätze wie für Studenten. Wohnt das Kind dagegen noch im Haushalt eines Elternteils, so ist sein Unterhaltsanspruch nach der Düsseldorfer Tabelle zu ermitteln, wobei das Einkommen beider Eltern zusammenaddiert wird.

Dies wird sehr oft – auch von Anwälten – übersehen:

Bei volljährigen Kindern sind grundsätzlich immer beide Eltern barunterhaltspflichtig. Das gilt auch dann, wenn das Kind zwischen 18 und 21 Jahre alt ist, noch bei einem Elternteil lebt und sich noch in der Schul- oder Berufsausbildung befindet.

Beispiel: ein Gymnasiast lebt bei seiner Mutter. Der Vater zahlt Unterhalt. Sobald der Gymnasiast 18 Jahre alt wird, muss sich auch die Mutter am Barunterhalt beteiligen. In der Regel verringert sich dadurch der Unterhalt, den der Vater zahlen muss. (Eine ganz andere Frage ist, ob die Mutter die Naturalleistungen, die sie weiterhin erbringt, mit ihrem Unterhalt verrechnen kann. Das kann dem unterhaltspflichtigen Vater aber egal sein).

Die Höhe des Unterhaltsanspruchs eines volljährigen Kindes wird aus dem zusammengerechneten unterhaltsrelevanten Einkommen beider Elternteile errechnet.

Beispiel: Der Vater hat ein unterhaltsrelevantes Nettoeinkommen von 2.600,- €, die Mutter ein solches von 1.900,- €. Das volljährige Kind wohnt noch bei der Mutter. Zusammen haben die Eltern ein Einkommen von 4.500,- €. Bei einem Einkommen von 4.500,- € besteht gemäß Düsseldorfer Tabelle ein Unterhaltsbedarf von 938,- €. Darauf wird das volle Kindergeld angerechnet, das an das Kind weiterzuleiten ist, so dass ein Rest-Unterhaltsanspruch bleibt von 938,- € ./. 250,- € = 688,- €.

Da beide Eltern barunterhaltspflichtig sind, sich also beide Eltern an diesem Unterhalt beteiligen müssen, stellt sich die Frage, wie dieser Unterhaltsanspruch von 688,- € auf die beiden Eltern aufzuteilen ist. Keineswegs ist es etwa so, dass jeder Elternteil die Hälfte schuldet. Es ist auch nicht so, dass derjenige Elternteil, der z.B. doppelt so viel verdient wie der andere Elternteil, einen doppelt so hohen Anteil vom Unterhalt zahlen müsste wie der andere. Vielmehr haftet jeder Elternteil (nur) anteilmäßig in Höhe seines unterhaltsrelevanten Einkommens abzüglich des Selbstbehalts, der gegenüber Volljährigen bei 1.750,- € liegt. Es werden also nicht die vollen Nettoeinkommen der Eltern miteinander verglichen, sondern nur diejenigen Beträge, die nach Abzug des Selbstbehalts von 1.750,- € übrig bleiben.

In unserem Beispiel ergibt dies folgende Berechnung:

Vater: 2.600,- € ./. 1.750,- € = 850,- €.

Mutter: 1.900,- € ./. 1.750,- € = 150,- €.

Die Eltern haften also für den Unterhalt i.H.v. 688,- € im Verhältnis 850 : 150.

Addiert man die sich ergebenden “Restbeträge”, so ergibt dies die Summe von 1.000,- €. Mit anderen Worten: der Vater schuldet 850/1000 x 688,- € = 585,- €, die Mutter schuldet 150/1000 x 688,- € = 103,- €.

Es zeigt sich: obwohl der Vater (nur) doppelt so viel verdient wie die Mutter, muss er mehr als fünfmal so viel Unterhalt zahlen wie sie. Das kommt eben daher, dass vom Einkommen noch die Selbstbehaltssätze abgezogen werden.

Achtung: Jeder Elternteil schuldet maximal den Unterhalt, der sich nach der Düsseldorfer Tabelle ergeben würde, wenn er alleine Unterhalt nach seinem Einkommen zahlen müsste. Durch die oben dargestellte Rechenmethode darf es nicht dazu kommen, dass der Unterhaltspflichtige mehr zahlt, als er zahlen müsste, wenn nur sein Einkommen zählen würde. Man muss also immer eine Kontrollrechnung machen.

Eigene Einkünfte des Kindes müssen natürlich angerechnet werden (siehe: eigene Einkünfte des Kindes )

Gewisse Beträge, nämlich der so genannte Selbstbehalt, müssen dem Unterhaltspflichtigen mindestens verbleiben (siehe den Artikel “Selbstbehalt” ).

“Privilegierte” Volljährige:

Bei volljährigen Schülern, die eine allgemeinbildende Schule besuchen, jünger als 21 Jahre sind und noch im Haushalt eines Elternteils leben, spricht man von “privilegierten” Volljährigen.

Grundsätzlich wird der Unterhaltsanspruch privilegierter Volljähriger genauso berechnet wie der Unterhaltsanspruch anderer volljähriger Kinder. Auch bei diesen Volljährigen sind in der Regel beide Eltern barunterhaltspflichtig.

“Privilegiert” sind solche Kinder in dreierlei Hinsicht:

Erstens gilt ihnen gegenüber nicht der Selbstbehaltssatz gegenüber volljährigen Kindern i.H.v. 1.750,- Euro, sondern nur der Selbstbehaltssatz gegenüber minderjährigen Kindern (1.400,- Euro). Das führt dazu, dass die unterhaltspflichtigen Eltern ggfl. mehr zahlen können. Außerdem führt der geringere Selbstbehalt bei der Verteilung des Unterhalts auf die beiden Eltern zu einem Vorteil für den besser verdienenden Elternteil, weil sich seine Quote etwas verringert.

Zweitens besteht für die Eltern privilegierter Kinder genauso wie für die Eltern Minderjähriger die gesteigerte Unterhaltspflicht .

Drittens stehen privilegierte Volljährige im Unterhaltsrang minderjährigen Kindern gleich. Bei einem so genannten “Mangelfall” ist das für Unterhaltszahlungen zur Verfügung stehende Einkommen daher gleichmäßig auf minderjährige und priviliegierte volljährige Kinder aufzuteilen.

Beispiel:
Der Vater verdient netto 2.000,- €, die Mutter verdient netto 1.400,- €. Sie haben ein 11-jähriges Kind sowie ein 19-jähriges Kind, das noch zur Schule geht. Das Kindergeld bezieht die Mutter, bei der die Kinder leben.

Für das minderjährige Kind ist allein der Vater unterhaltspflichtig in Höhe von 426,- €. Für das volljährige Kind sind grundsätzlich beide Eltern unterhaltspflichtig. Da das Einkommen der Mutter aber unter ihrem Selbstbehalt liegt, muss sie sich nicht am Unterhalt beteiligen. Der Vater müsste also den Unterhalt für das ältere Kind nach Abzug des vollen Kindergelds  i.H.v. 439,- € allein zahlen.

Allerdings kann der Vater nicht beide Unterhaltsbeträge i.H.v. 426,- € + 439,- € = 865,- € zahlen, denn sonst würde sein Selbstbehalt von 1.400,- € unterschritten. Er kann insgesamt nur 600,- Euro zahlen. Es liegt also ein Mangelfall vor. Die 600,- Euro sind nun, da beide Kinder gleichberechtigt sind, gleichmäßig auf beide Kinder aufzuteilen, indem der Unterhalt beider Kinder auf denselben Prozentsatz gekürzt wird. Dieser Prozentsatz beträgt: 600/865 = 69%. Im Ergebnis muss der Vater also an das jüngere Kind 295,- € und an das ältere Kind 305,- € zahlen, zusammen 600,- €.

Gegenbeispiel:

Würde das 19-jährige Kind nicht mehr zur Schule gehen, sondern zur Universität, so würde es sich bei ihm nicht um einen “privilegierten” Volljährigen handeln. Im Mangefall kommt daher erst das minderjährige Kind dran, da es in der Rangfolge der Unterhaltsberechtigten einem “normalen” volljährigen Kind vorgeht. In diesem Fall würde das 11-jährige Kind also den vollen Unterhalt von 426,- € bekommen, der volljährige Student aber nur noch (600,- € ./. 426,- € = ) 174,- €.

Der Besuch eines Berufskollegs oder einer Fachschule stehen der allgemeinen Schulausbildung nicht gleich. Schüler dieser Schulen sind also keine “privilegierte Volljährige” (OLG Stuttgart FamRB 2012,365).

Berufsvorbereitende Maßnahmen gehören ebenfalls nicht zur allgemeinen Berufsausbildung, ebensowenig der Besuch einer Berufsschule. Hat ein Kind die Hauptschule ohne Abschluss beendet, will diesen aber nachholen, um danach zur Realschule zu gehen und einen Beruf zu erlernen, zählt eine berufsvorbereitende Maßnahme zur Verbesserung der Lese-, Rechtschreib- und Lernkompetenz nicht zur allgemeinen Schulausbildung. (OLG Hamm NZFam 2015,275).