Wenn das Geld nicht für den errechneten Unterhalt reicht

Falls der Unterhaltspflichtige den rechnerisch (nach der Düsseldorfer Tabelle) eigentlich geschuldeten Unterhalt nicht zahlen kann, weil sonst sein Selbstbehalt unterschritten wäre, ist zu prüfen, ob ein so genannter “Mangelfall” vorliegt.

Beispiel: Der unterhaltspflichtige Vater hat ein Nettoeinkommen von 2.000,- Euro. Er muss Unterhalt für ein 4-jähriges und für ein 7-jähriges Kind zahlen. Laut Düsseldorfer Tabelle 2024 wären dies für beide Kinder zusammen 781- Euro. Bei Zahlung des vollen Unterhalts würden ihm aber nur 1.219,- Euro übrig bleiben. Das ist weniger als sein Selbstbehalt von 1.450,- Euro. Er fragt sich deshalb, ob er den Kindesunterhalt kürzen darf.

Zunächst ist in einem solchen Fall streng zu prüfen, ob der Unterhaltspflichtige seine finanzielle Situation nicht verbessern kann. Er könnte z.B. seine monatlichen Schuldenzahlungen reduzieren, Versicherungen kündigen, in eine kleiner Wohnung umziehen oder einen besser bezahlten Job annehmen oder sich um eine Nebentätigkeit bemühen. In welchem Umfang der Unterhaltspflichtige zu solchen Maßnahmen verpflichtet ist, erfahren Sie auf unserer Seite “Verschärfte Einkommensprüfung“. In manchen Fällen kommt auch eine Reduzierung des Selbstbehalts in Betracht.

Steht allerdings fest, dass der Unterhaltspflichtige nicht bzw. nicht im vollen Umfang leistungsfähig ist und er daran auch beim besten Willen nichts ändern kann, so ist ein so genannter Mangelfall gegeben. In einem solchen Mangelfall reduzieren sich die Unterhaltsansprüche. Der Unterhaltspflichtige muss dann nur die Differenz zwischen seinem Nettoeinkommen und dem Selbstbehalt zahlen.

Solange nur ein einziger Unterhaltsberechtigter vorhanden ist, ist die Unterhaltsberechnung problemlos: Die Unterhaltshöhe wird einfach auf die Differenz zwischen dem zur Verfügung stehenden unterhaltsrelevanten Einkommen und dem Selbstbehalt beschränkt.

Beispiel für einen Mangelfall beim Kindesunterhalt: Der Vater hat – z.B. wegen hoher Schulden, die vorab abgezogen wurden – ein anrechenbares Nettoeinkommen von nur 1.850,- Euro monatlich. Es ist ihm nicht möglich, dieses Einkommen durch Überstunden oder durch einen Nebenjob zu erhöhen. Er hat Unterhalt zu zahlen an ein Kind im Alter von 15 Jahren. Nach der Düsseldorfer Tabelle 2024 hätte er 520,- Euro zu zahlen. Dem Vater würden dann aber nur noch 1.330,- Euro für sich selbst übrig bleiben. Er hat aber einen Selbstbehalt von 1.450,- Euro. Diesen Betrag darf er mindestens für sich behalten. Er muss also statt der eigentlich geschuldeten 520- Euro nur 400,- Euro Kindesunterhalt zahlen.

Beispiel für einen Mangelfall beim Ehegattenunterhalt: Der Ehemann hat ein anrechenbares Nettoeinkommen von 1.900,- Euro, die Ex-Ehefrau hat kein Einkommen (z.B. weil sie erwerbsunfähig krank ist). Rein rechnerisch würde der Unterhalt bei 1.900,- Euro x 45% = 855,- Euro liegen. Dann wäre aber der Selbstbehalt des Ex-Ehemanns gegenüber seiner Ehefrau von 1.600- Euro unterschritten. Er kann also lediglich noch 300- Euro zahlen.

Problematisch kann die Unterhaltsberechnung werden, wenn mehrere Unterhaltsberechtigte vorhanden sind, die sich dann das zu verteilende Einkommen des Unterhaltspflichtigen in irgendeiner Weise teilen müssen. Denn dann stellt sich die Frage, wer wie viel vom zu kleinen “Kuchen” bekommt.

In einem solchen Mangelfall, in welchem das Geld nicht für alle reicht, stellt sich zunächst die Frage, welcher Unterhaltsberechtigte zuerst “drankommt”. Dies ist die Frage nach der so genannten “Rangfolge”. Wer im Range vorgeht, bekommt zuerst seinen vollen Unterhalt. Diejenigen Unterhaltsberechtigten, die einen schlechteren Rang haben, müssen sich dann den Rest teilen. Zunächst wird aber durch eine verschärfte Einkommensberechnung versucht, so viel Geld wie möglich für Unterhaltszwecke zur Verfügung zu stellen.

Einzelheiten zum Mangelfall: